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Buch.
III.
Renaissance in Deutschland.
merkt, die plastischen Darstellungen in sinnvoller Weise einen
Spiegel fürstlicher Regierung. Auf der Kraft der Persönlichkeit,
auf dem Heldenthum des Volkes baut sich sicher die fürstliche
Gewalt auf; sie hat ihr Centrum in der Uebung; der christlichen
Tugenden, vereint mit Starke und Gerechtigkeit; sie steht end-
lich unter dem Einfluss höherer Machte, einer himmlischen Leitung,
die sich im Laufe der Gestirne kund giebt". Diese astrologische
Beziehung liegt im Charakter der- Zeit und ist doppelt erklärlich
bei einem Fürsten, der selbst mit Eifer astronomischen Studien
oblag. Die Medaillons endlich mit den Köpfen römischer Kaiser,
Helden der Republik und Vertretern des Königthums geben den
Gedanken der Continuitat obrigkeitlicher Gewalt durch alle Wechsel
der Staatsform.
Dem Reichthum des Uebrigen entspricht das grosse Portal,
an sich schon eins der höchsten Prachtwerke der Zeit (Fig. 80).
In freier Nachbildung eines römischen Triumphbogens öffnet es
sich mit einer grossen Bogenpforte, zu deren Seiten schmale Fenster
zur Erleuchtung des Vestibüls angebracht sind. Vier Pilaster mit
reich behandelten Atlanten, die beiden äusseren bartig, die beiden
inneren jugendlich und bartlos, tragen mittelst ionischer Voluten
das vorspringende Gesimse. Am Sockel und der Portaleinfassung
sowie den tiefen Thürlaibungen sind in feinen Flachreliefs Tro-
phäen mit Waffen aller Art dargestellt. In den Zwickeln über
dem Bogen reichen Victorien Palmen und Kränze dar. Die Attika
enthält in der Mitte die Widmungsinschrift, an den Sockeln
musikalische Instrumente. Darüber folgen im obern Aufbau zwei
reich bekleidete Karyatiden, welche das grosse Mittelfeld mit dem
kurfürstlichen Wappenschilde, dem pfälzischen und dem bairischen,
einnehmen. Von unübertroifener Schönheit ist das reiche Laub-
werk, welches die Wappen umgiebt. Auf den beiden Seitenfeldern
sieht man einerseits einen bärtigen Mann, von einem Löwen über-
wältigt, andrerseits einen ähnlichen Mann, wie er den Löwen be-
zwingt. An diesen beiden Feldern kommt schon in derber Weise
das aufgerollte, zerschnittene und in Voluten gedrehte Cartouchen!
Werk vor. Ebenso herrscht es an der oberen Bekrönung des
Ganzen, wo das Brustbild des Erbauers von zwei flöteblasen-
den Genien begleitet erscheint. Dies sind sammt einem Theil
der obersten Fcnsterkrönungen die einzigen Stellen der ganzen
Faeade, an welchen solche Barockformen sich zeigen. Der Meister
hat also dieselben wohl gekannt, aber einen bescheidenen Ge-
brauch von ihnen gemacht.
Alles Uebrige athmet den Geist klassischer Frührenaissanee.
D19 Composition grosser durchgehender Horizontalen, denen sich