Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

Käp- 
VIII. 
Die pfälzischen Lande. 
Heidelberg. 
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rhythmischem Wechsel ist auch die Bildung der grossen Consolen, 
deren schönes Akanthuslaub im mittleren Geschoss aufwärts steigt, 
während es in den beiden andern umgekehrt abwärts fällt. Nach 
demselben Gesetz sind auch die Muschelwölbungen in den Statuen- 
nischen gebildet. 
Nicht minder durchdacht ist die Behandlung der Fenster 
(vgl. Fig. 41 auf S. 175). Sie stehen in Wechselwirkung mit den 
Hauptgliedern des betreffenden Stockwerks, so dass im Erd- 
geschoss kräftige geometrische Formen, Rustika und Spiral- 
windungen Platz greifen, im ersten Stock kannelirte Pilaster, im 
oberen glatt behandelte Halbsäulen auftreten, mit den benach- 
harten grossen Pilastern und Halbsäulen durch "die gemeinsame 
korinthische Ordnung verbunden, aber in der Behandlung des 
Schaftes überall verschieden von jenen. Vor die mittleren 
Theilungsstäbe der Fenster sind in allen drei Geschossen hermen- 
artige Atlanten und Karyatiden gestellt, die in ihrer Behandlung 
eine ebenso grosse Mannigfaltigkeit von Abstufungen verrathen. 
Mit ihnen beginnt das Gebiet des frei figürlichen Schmucks, der 
an dieser Facade in einem Reichthum zur Verwendung gekommen 
ist, wie vielleicht an keinem andern Profanbau der Welt. Zu- 
nächst sind es in den Giebelkrönungen des Erdgeschosses musi- 
cirende Engelknaben, welche Portraitmedaillons von römischen 
Kaisern und andern Helden des Alterthums halten. Man liest 
Nero, Olaudius, Antoninus Pius und Vitellius, ferner Marius und 
Antonius, Numa Pompilius und Brutus. Dann kommen über den 
Fenstern der beiden oberen Stockwerke phantastische Männer- 
und Weibergestalten, geilügelt, in Fischleibcr übergehend und in 
freies Laubwerk auslaufend, im obern Geschoss abwechselnd mit 
Masken, die von frei componirten Cartouchen umgeben, sodass hier 
die architektonische Form sich in plastisches Spiel auflöst. End- 
lieh aber gesellen sich dazu die vierzehn Statuen in den Nischen, 
wozu noch zwei vor den ehemaligen Dachgieheln kommen. 
Im Erdgeschoss sind es vier Vertreter gottgeweihter Helden- 
kraft: Josua „der durch Gottes Kraft einunddroissig König hat 
umbracht", Simson, Hercules, als ,',Jovis Sun" bezeichnet und 
David "beherzt und klug". Die mittlere Reihe giebt die drei 
christlichen Tllug-cnden Glaube, Liebe, Hoffnung und fügt dazu 
die Regententugenden Stärke und Gerechtigkeit. Die Mitte von 
ihnen über dem Portal und dadurch höher gerückt nimmt die 
Liebe ein. Die obersten endlich sind als Saturn, Mars, Venus, 
Merkur, Diana (Mond), Jupiter und Sol, die Vertreter der Sigbßn 
Hauptgestirne des Alterthums und Mittelalters: Sonne und Mond 
sammt den fünf Planeten. nSo bilden, wie Stark treffend be- 
Kugler, Gesell. d. Baukunst. V3 20
	        
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