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VIII.
Die pfälzischen Lande.
Heidelberg.
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bäude war also hauptsächlich für Festlichkeiten bestimmt, wäh-
rend in dem anstossenden Rudolphsbau auch ferner die Familien-
wohnung der Fürsten blieb. Nordwärts von dem alten Bau stösst
der nur in den Grundmauern erhaltene Bau F an, ein Rechteck
von bedeutenden Verhältnissen, 11O'Fuss lang, 52 Fuss breit,
durch vier starke Pfeiler der Länge nach in zwei Schiffe ge-
theilt. Man hält dies Gebäude gewöhnlich für die alte Kapelle;
In grossartiger Weise beginnt sodann gegen Ausgang des
Mittelalters Kurfürst Ludwig V die Erweiterung des Schlosses
und die Ausdehnung und Verstärkung der Befestigungen. Der
vor-geschobene Brückenkopf A, die auf hohen Pfeilern und Bögen
aus der Tiefe des Schlossgrabens empor geführte Brücke und
der schwerfällig-e viereckige Thorthurm B sind das Werk dieses
Kurfürsten, 1541 laut einer in Stein gehauenen Inschrift vollendet.
Wenn man von hier aus den Schlosshof C betritt, so hat man
zur Rechten die von demselben Kurfürsten an der Südostseite
errichtete neue Wohnung K, deren nördliche Grenze durch den
kleinen Treppenthurm im Hofe mit der Jahrzahl [1524 bezeichnet
wird. Auch hier ist noch Alles gothisch trotz der vorgerückten
Zeit. Ebenso hat der am südwestlichen Ende vor-springende Hallen-
bau für den neuen Schlossbrunnen gothische Spitzbögen und an
seinen vier Granitsäulen Kapitale und Basen desselben Stils. Die
Schäfte sind der letzte Rest vom Palast KarPs des Grossen zu
Ingelheim, von wo der Kurfürst sie herbeischatfen liess. Der
Nachfolger, Friedrich II (1544-1556), baulustig und unternehmend,
vervollständigte und vollendete die Bauten seines Bruders. Unter
ihm, der Italien, Frankreich und Spanien kannte und sich leb-
haft für klassische Studien interessiite, dringen die verfeinerten
Formen der Renaissance in Heidelberg ein. Freilich noch stark
gemischt mit gothischen Elementen, namentlich in der Bildung
der Fenster und Thüren. Der Hauptbau Friedrichs II nimmt die
nordöstliche Ecke des Schlosses bei H ein, wird dort aber zur
Hälfte durch den später errichteteirOtto Heinrichsbau verdeckt.
Ungefähr die Mitte der Faeade bildete der achteckige schmuck-
lose Treppenthurm. Links von ihm zeigen sich die kräftigen
Bogenhallen, in drei Geschossen auf stämmigen dorischen Säulen
mit feiner Kannelirung. Am westlichen Ende links springt ein
Pavillon vor mit dreitheiligen, gothisch protilirten Fenstern und
steilem Giebel, auf dessen Treppenstufen phantastische Sirenen-
gestalten angebracht sind. Im Innern sollte ein grosser gewölbter
Saal die berühmte Bibliothek aufnehmen. Für die Decoration des-
selben liess der Kurfürst 1551 Stuckatoren ("Ipser") von Herzog
Christoph von Würtemberg kommen, weil er in der Pfalz keine