Kap
VIII.
Die pfälzischen Lande.
Heidelberg.
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durch Rudolph und Ludwig, die beiden feindlichen Brüder, von
denen Rudolph seinen Sitz auf der untern Burg gehabt zu haben
scheint. Von da an rückt der Schwerpunkt der politischen und
künstlerischen Entwicklung nach dem neuen Schlosse, Während
die alte Burg nur als schützende Veste bis zum Jahre 1537 fort-
bestand, wo eine Pulverexplosion sie zerstörte. Es war also
hier ein ähnliches Verhältniss wie bei den beiden Schlössern in
Baden.
Das damalige untere Schloss hatte bei Weitem nicht die
Ausdehnung des jetzigen. Es drängte sich mit seinen Gebäuden
in die südwestliche Ecke des jetzig-cn Schlossplateaus und war
immer noch mehr zur Vertheidigung- als mit Rügkgight auf be.
hagliches Wohnen angelegt. Nur an der Nordseite stand ausser-
halb der Burg isolirt die alte Juttakapelle. Die ältesten Theile
(vgl. den Grundriss Fig. 78) sind noch jetzt die westlich vom
Schlosshofe belegene Gebitudegruppe E und D, die erstere als
Bau Rudolph's II ("r 1353), die zweite als Anlage Ruprechfs be-
zeichnet. Auch der weiter nördlich gelegene Theil F reicht in
seinem Unterbau inls Mittelalter, vielleicht noch in's 14. Jahr-
hundert hinauf. Er _wird als die alte 1348 geweihte Schloss-
kapelle, die unter Friedrich dem Siegreichen später 1467 erneuert
und umgestaltet wurde, bezeichnet?) Es muss indess hier hervor-
gehoben werden, dass in den künstlerischen Formen der ältesten
Theile des Schlosses kein Anhaltspunkt vorliegt, irgend einen
Theil über das 15. Jahrhundert hinauf zu datiren. Auf Friedrich
den Siegreichen (1449-1475) wird sodann der Bau des gewal-
tigen an der Südostecke vorgeschobenen Thurmes O zurück-
geführt. Eine-grossartige Bauthatigkeit beginnt seit dem 16. Jahr-
hundert mit LudwigV (1508-1544), der in seiner langen Regierung
den ganzen mit K bezeichneten, die südwestliche Ecke mit zwei
Flügeln einfassenden Bau errichtet, den Thorthurm B mit der
davor gelegenen Brücke und dem Brückenkopf A, den südwest-
lichen Thurm P und endlich den weit vorgeschobenen riesigen
1) Stark a. a. 0. S. 110 fg. will in diesem stattlichen Saal nur einen
Raum zur Versammlung der Geistlichen und Sänger, zur Aufbewahrung
der Schätze der Kapelle, mit einem Worte eine grosse Sakristei erkennen,
die alte Kapelle dagegen nordostwärts annehmen. Allein in einem Schloss-
bau eine so beispiellos geräumige Sakristei anzunehmen, die noch dazu
die herrschaftlichen Wohnräume von der Kapelle trennen würde, ist miss-
lich. Die vorgebrachten Gründe scheinen mir nicht stichhaltig, da, im
Mittelalter die Orientirung bei Kirchen und Kapellen oft Ausnahmen er-
leidet, auch zweischiffige Anlagen dieser Art keincsivegs unerhört sind,
vielmehr überall nachgewiesen werden können. Die Frage bedarf wohl
iroch einer genaueren Untersuchung an Ort und Stelle.