Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

Kap 
VIII. 
Die pfälzischen Lande. 
Heidelberg. 
299 
durch Rudolph und Ludwig, die beiden feindlichen Brüder, von 
denen Rudolph seinen Sitz auf der untern Burg gehabt zu haben 
scheint. Von da an rückt der Schwerpunkt der politischen und 
künstlerischen Entwicklung nach dem neuen Schlosse, Während 
die alte Burg nur als schützende Veste bis zum Jahre 1537 fort- 
bestand, wo eine Pulverexplosion sie zerstörte. Es war also 
hier ein ähnliches Verhältniss wie bei den beiden Schlössern in 
Baden. 
Das damalige untere Schloss hatte bei Weitem nicht die 
Ausdehnung des jetzigen. Es drängte sich mit seinen Gebäuden 
in die südwestliche Ecke des jetzig-cn Schlossplateaus und war 
immer noch mehr zur Vertheidigung- als mit Rügkgight auf be. 
hagliches Wohnen angelegt. Nur an der Nordseite stand ausser- 
halb der Burg isolirt die alte Juttakapelle. Die ältesten Theile 
(vgl. den Grundriss Fig. 78) sind noch jetzt die westlich vom 
Schlosshofe belegene Gebitudegruppe E und D, die erstere als 
Bau Rudolph's II ("r 1353), die zweite als Anlage Ruprechfs be- 
zeichnet. Auch der weiter nördlich gelegene Theil F reicht in 
seinem Unterbau inls Mittelalter, vielleicht noch in's 14. Jahr- 
hundert hinauf. Er _wird als die alte 1348 geweihte Schloss- 
kapelle, die unter Friedrich dem Siegreichen später 1467 erneuert 
und umgestaltet wurde, bezeichnet?) Es muss indess hier hervor- 
gehoben werden, dass in den künstlerischen Formen der ältesten 
Theile des Schlosses kein Anhaltspunkt vorliegt, irgend einen 
Theil über das 15. Jahrhundert hinauf zu datiren. Auf Friedrich 
den Siegreichen (1449-1475) wird sodann der Bau des gewal- 
tigen an der Südostecke vorgeschobenen Thurmes O zurück- 
geführt. Eine-grossartige Bauthatigkeit beginnt seit dem 16. Jahr- 
hundert mit LudwigV (1508-1544), der in seiner langen Regierung 
den ganzen mit K bezeichneten, die südwestliche Ecke mit zwei 
Flügeln einfassenden Bau errichtet, den Thorthurm B mit der 
davor gelegenen Brücke und dem Brückenkopf A, den südwest- 
lichen Thurm P und endlich den weit vorgeschobenen riesigen 
1) Stark a. a. 0. S. 110 fg. will in diesem stattlichen Saal nur einen 
Raum zur Versammlung der Geistlichen und Sänger, zur Aufbewahrung 
der Schätze der Kapelle, mit einem Worte eine grosse Sakristei erkennen, 
die alte Kapelle dagegen nordostwärts annehmen. Allein in einem Schloss- 
bau eine so beispiellos geräumige Sakristei anzunehmen, die noch dazu 
die herrschaftlichen Wohnräume von der Kapelle trennen würde, ist miss- 
lich. Die vorgebrachten Gründe scheinen mir nicht stichhaltig, da, im 
Mittelalter die Orientirung bei Kirchen und Kapellen oft Ausnahmen er- 
leidet, auch zweischiffige Anlagen dieser Art keincsivegs unerhört sind, 
vielmehr überall nachgewiesen werden können. Die Frage bedarf wohl 
iroch einer genaueren Untersuchung an Ort und Stelle.
	        
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