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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
Landshut ausgeführt haben. Man triift hier überall eine verwandte
Behandlung und denselben Grad mangelnden Verständnisses der
neuen Formen.
Fast ganz mittelalterlich, mit sehr wenig Spuren der Renais-
sance, stellt sich endlich das kleine Jagdschloss Grünau dar,
welches derselbe Fürst um ein Decennium später als das Schloss
von Neuburg erbaut hat. Es liegt ganz versteckt in Wäldern,
etwas abseits von der Donau, ungefähr eine Stunde östlich von
Neuburg, mit welchem es durch eine lange Allee verbunden ist.
In der mittleren Einfahrt des Hauptbaues sieht man den Namen
und die Wappenschilde Otto Heinriclrs und die Jahrzahl 1555.
Die Anlage besteht aus einem einstöckigen Mittelbau, der auf
den Ecken von runden mächtigen Thürmen flankirt wird. Von
dem links befindlichen zieht sich eine hölzerne Verbindungsgalerie
nach einem vorgeschobenen Flügel mit hohem, gothiseh abgestuf-
tem Giebel, vor welchem ein mächtiger viereckiger Thurm angelegt
ist. Das obere Pyramidaldach desselben ist mit bunt glasirten
Ziegeln gedeckt. An der rechten Seite springt ein anderer Flügel
vor, aber ohne Galerie, in niedrige Wirthschaftsräume endend.
Die Durchfahrt in der Mitte des Hauptbaues hat ein rundbogiges
Tonnengewölbe mit Stichkappen ohne Rippen. Sie öffnet sich mit
einem grossen Bogenthor und einer kleinen Pforte, Alles nackt und
pschmueklos ohne jede künstlerische Form. Nur über dem Thor
sieht man das hübsch ausgeführte kurfürstliche Wappen, von zwei
Löwen gehalten, in Solenhofer Kalkstein. Dabei die Inschrift;
„1555 hat auferbauet mich Pfalzgraf Otto Heinrich. Nun aber
mich Karl Theodor mein Kurfürst bringt wiederum empor."
So kahl wie das Aeussere, ebenso vollständig ist das Innere
seiner alten Ausstattung beraubt. Eine reich behandelte Inschrift-
tafel, das letzte Stück derselben, ist in das Nationalmuseum
nach München gekommen. Der vorgeschobene viereckige Thurm
des linken Flügels ist nach Art eines mittelalterlichen Donjon's
als selbständiges Wohnhaus behandelt. Auf einer sanft ansteigen-
den, rechtwinklig gebrochenen Treppe gelangt man in die oberen
Gemächer. Hier liegt eine noch völlig gothische Kapelle mit
spitzbogigem Kreuzgewölbe, die Altarapsis als rechtwinkliger
Erker nach Osten ausgebaut. Durch eine im Eselsrücken ge-
schlossene Thür steht sie mit dem südlich anstossenden Haupt-
raum in Verbindung, der, ungefähr quadratisch, in der Mitte durch
einen gewaltigen Rundpfeiler getheilt wird, auf welchem die vier
Sterngewölbe dieses Saales ruhen. Im oberen Stockwerk sind
grosse Zimmer mit gothischen Kreuzgewölben angelegt, Wände
und Gewölbe auf weissem Grund ausgemalt, mit allerlei Dar-