Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

korinthischen Pilastern eingefasst, gehört durch ihre herrlichen 
Intarsien zum Schönsten, was die Flächendecoration der deut- 
schen Renaissance aufzuweisen hat. Verschlungene Linienspiele 
mischen sich mit dem eigenthünilich geschweiften Blattwerk. 
Diese Arbeiten werden um 1559 entstanden sein, eine Jahres- 
zahl, welche man iII dem Erker neben der Einfahrt liest. Er 
hat zwar ein gothisches Rippengewölbe, aber der Scheidbogen, 
mit welchem er sich gegen das anstossende Zimmer öffnet, hat 
Rosetten in eleganter Renaissanceform, und die Consolen des 
Bogens zeigen einen meisterlich geschnitzten Triglyphenfries mit 
Stierschädeln in den Metopen. Die Raume des Erdgeschosses 
in diesem Flügel haben mächtige Kreuzgewölbe auf sehr kurzen 
Säulen von rothem Marmor und tragen die Bezeichnung 1541i. 
Zu den späteren Zusätzen gehört an der nördlichen Ecke 
des Ostfiügels die grosse zopiige Grotte mit lauter muschel- 
bekleideten Figuren, scheusslich barock, wenn auch sehr statt- 
lich angelegt, einst mit Wasserwerken und Vexirkünsten aus- 
gestattet, jetzt in der völligen Verwahrlosung von jenem unheim- 
lich öden Eindruck, welchen die Werke jener leichtsinnigen Zeit 
in ihrer Verwüstung so leicht erregen. Melancholisch schön 
ist von der sich hier vor dem Schloss hinziehenden sonnigen 
Terrasse der Blick in das weite grüne Land hinein, das von der 
Donau durchzogen wird, mit seinen Wiesen und Wäldern, bis 
zu den Thürmen von Ingolstadt. Schon die alte Beschreibung 
des Freiherrn von Reisaeh rühmt diese Aussicht und preist zu- 
gleich das alte Schloss mit seinem grossen und hohen Saal, in- 
dem er hinzu setzt: "und obschon dieser Theil auf die alte Bau- 
art erbauet worden, so verdienet er dennoch gesehen und 
bewundert zu werden." Von der reichen Ausstattung, die er be- 
schreibt, von den Gemälden des grossen Saales, den Fürsten- 
portraits der Corridore, den in Gold, Silber und Seiden gewirk- 
ten Tapeten der Zimmer ist Nichts mehr vorhanden. Ob der 
kunstreich gearbeitete Teppich, welcher die von Otto Heinrich 
1521 ausgeführte Pilgerfahrt nach Jerusalem darstellte, etwa nach 
München gekommen ist, weiss ich nicht zu sagen. 
Fasst man Alles zusammen" so kann man sich der Wahr- 
nehmung nicht verschliessen, wie tief die hier zur Anwendung 
gekommene Renaissance unter Dem steht, was kurze Zeit nachher 
derselbe Otto Heinrich in Heidelberg am Schlosse ausführen liess. 
Wahrscheinlich standen in Neuburg dem Fürsten nur Architekten 
aus der Schule zu Gebote, welche in ähnlich unklarer, schwan- 
kender Renaissance seit 1520 den Arkadenhof der Residenz in 
Freising und bald darauf den vorderen Theil des Schlosses in
	        
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