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Buch.
III.
Renaissance in Deutschland.
Neben dem Rathhaus liegt das alte Gebäude der Universi-
tät, ein malerischer Flügelbau, verbunden durch eine zinnen-
gekrönte Mauer. Es ist dasselbe Gebäude, welches unterm
13. Januar 1579 als "neu erbautes Collegium" unter die seit-
herigen seehsundzwanzig „gefreiten" Häuser der Universität auf-
genommen wurde. 1) Auf beiden Ecken diagonal gestellte, recht-
winklige Erker mit Reliefs. Das Portal in ausgebildeter Renais-
sance und mit Portraitmedaillons trägt die Jahrzahl 1.580. Im Hof
liest man an einem Strebepfeiler 1581. Derselben "Zeit gehört
offenbar das hübsche spätgothisehe Portal zur Wendeltreppe.
Letztere ruht auf Säulen, Alles noch in spätgothischer Bildung.
Endlich verdient die Vorhalle am südlichen QuerschiH des
Münsters als ein zierlicher, reich durchgeführter Bau dieser
Epoche Erwähnung?) Sie besteht aus drei Kreuzgewölben, die
auf vier Pfeilern ruhen. Elegant behandelte korinthische Säulen
sind den Pfeilern vorgelegt, die sehr schlanken Schäfte am unteren
Theile reich ornamentirt. Kraftvolle Konsolen bilden im Scheitel
der Bögen die Unterstützung des stark vorspringenden Gebälkes.
Die Balustrade, welche die Plattform umgiebt, ist noch im Geiste
der Gothik mit spielenden Maasswerken durchbrochen. Ueber
die ganzen Flächen der oberen Theile ist eine delikat im zarte-
sten Relief ausgeführte Decoration von linearen Schnörkeln der
Spätrenaissance ausgegossen. Ueber die Erbauungszeit habe ich
Nichts erfahren können; doch dürfte dieselbe etwa um 1570 zu
setzen sein.
Besonders anmuthig gestaltet sich die Renaissance an dem
jetzigen Rathhaiis zu Constanz. Von 1487 bis 1549 stand hier
das Zunfthaus der Weber; von da bis 1592 war es Sitz der
Lateinsehule und wurde dann zur Stadtkanzlei umgebaut. Man
liest 1592 mehrmals, so dass der jetzige Bau, der seit 1863
restaurirt und mit Fresken geschmückt Werden, im Wesentlichen
vom Ende des 16. Jahrhunderts datirt. Die Faeade nach der
Strasse zerlegt sich in zwei Giebel von ungleicher Höhe und
Breite, welche mit auswärts und einwärts geschweiften Gliedern,
aber ohne Aufsätze, maassvoll und doch kräftig profilirt sind.
Die Fenster, zu zweien und dreien gruppirt, mit derben Säulen
und tief eingekerbten Fugenschnitten an den Rundbögen, er-
1) K. Schreiber, Gesch. der Univers. Freiburg im Breisgau. Freib. 1857,
I1, 66. 2) In Schreibers Gesch. des Münsters S. 154 wird sie als "völlig
unpassend" mit Verachtung übergangen. So dachte man 1820, als die
Renaissance noch nicht wieder entdeckt war. Irrthiimlieh heisst es dort,
sie sei ein Bau aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. Die Jahrzahl 1078,
welche man an ihr liest, ist ein späterer Zusatz.