Kap-
VII.
oberrheinischen Gebiete.
Die
Baden.
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die Spuren der reichen Kulturblüthe in diesen Gegenden fast voll-
ständig verwischt, und selbst das später zu behandelnde Schloss
zu Heidelberg uns nur als Ruine hinterlassen.
Gernsbach besitzt in seinem Rathhaus (Fig. 76) ein kleines,
aber charaktervoll und reich durchgeführtes Beispiel von der
Architektur aus dem Ende unserer Epoche. Die Lage des Baues
an der Ecke zweier nicht eben breiten Strassen musste einen
schmal gedrängten Hochbau herbeiführen, der sich in dem mit
Voluten und Obelisken geschmückten Seitengiebel energisch aus-
spricht und in dem reich verzierten, polygonen Erker an der
Ecke anklingt. Das derbe Portal mit seinen dorischen Säulen
und der Volutenkrönung, die Fenster mit ihren durchbrochenen
Giebeln, der Dacherker endlich mit seinen weit herausgebogenen
Voluten sind Elemente eines stark ausgeprägten Barocco, die mit
der Jahreszahl 1617 am Portal übereinstimmen. Im Innern findet
sich eine Wendeltreppe von mittelalterlicher Oonstruktion mit
gothischen Gliederungen am Portal. Auch die Thür des oberen
Saales zeigt gothisch profilirte Einfassung, obwohl sie eine Um-
rahmung von korinthischen Säulen und reich geschmücktem Ge-
bälk hat. Der untere Schaft der Säulen hat gleich dem Postament
barockes Flachornament, amThürsturz liest man die Jahrzahl 1618.
Einiges Andere hat sichin Freiburg im Breisgau erhalten.
Auch hier bleibt die Gothik noch ziemlich lange in Kraft. An
einem Hause der Franziskanerstrasse sieht man einen originellen
gothischen Erker von 1516, über dem Portal als Baldachin empor-
gebaut. Am Rathhaus findet sich aus derselben Zeit eine Wendel-
treppe mit gothischer Prolilirung. Auch die gewundenen Säulen,
auf welchen sie ruht, haben mittelalterliche Form. Oben liest
man aber auf einem Renaissanceschildchen die Jahrzahl 1518.
Wahrscheinlich hat die Nähe von Basel hier die neuen Formen
so früh eingeführt. Das untere Vestibül hat eine iiache Holz-
decke, welche auf originell behandelten Renaissancesäulen von
Sandstein ruht. Im Hof findet sich eine Freitreppe, deren Ge-
länder wieder die Fischblasen des spätgothischen Styles zeigt.
Ebenso haben die unteren Säulchen noch mittelalterliche Form,
während die oberen, welche das Dach der Treppe stützen, im
Renaisgangestyl behandelt sind. An der Balustrade liest man
1552. Aber noch länger bleiben hier beide Style unmittelbar
neben einander in Uebung, denn das Renaissanceportal der Fagade
tragt die Jahreszahl 1558, ein kleineres gothisches Portal 1557.
Im oberen Stockwerk findet man eine Pforte in steifen Renaissance-
formen, aber mit gothischer Gliederung und der Jahrzahl 1559_
Sodann ein reicheres Poital derselben Art.