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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
dung; dafür sind aber die barocken Elemente sehr sparsam
verwendet.
Etwas später, vom Anfang des 17. Jahrhunders, datirt so-
dann die Facade des Spiesshofes (Fig. 65). Im Erdgeschoss
öffnen sich drei grosse Arkaden auf Pfeilern mit zwischengestell-
ten toskanischen Halbsäulen. In den beiden oberen Stockwerken
lindet eine doppelte Theilung durch kannelirte Halbsäulen statt,
in beiden Geschossen mit ionischen Kapitälen. Dazwischen die
dreitheiligen Fenster, durch ionische Pfeiler gegliedert, die mitt-
lere breitere Oeifnung nach einem palladianischen Motiv im Halb-
kreis geschlossen. Die Niedrigkeit der Stockwerke, eine beson-
dere Eigenthümlichheit der Schweiz, lässt die Formen der im
Uebrigen trefflich componirten Fagade etwas verkrüppelt cr-
scheinen. Noch mehr Beeinträchtigung erhalten indess die Ver-
hältnisse durch das oberste Geschoss mit seinen kolossalen, weit
vorspringenden Holzkonsolen, die mir indess kein späterer Zu-
satz zu sein scheinen. In der Coniposition sollen sie offenbar
eine noch weitere Theilung der Vertikalgliederung zum Abschluss
bringen, und als Masse dem Erdgeschoss mit seinen grossen
Bogenhallen das Gleichgewicht halten. Im Innern bewahrt der
erste Stock einen schönen getafeltcn Saal mit kassettirtei- Holz-
decke. Im zweiten Stock ein kleineres Zimmer mit noch reicherer
Tafelung, eleganten eingelegten Ornamenten und der Jahrzahl
1601.-Ein schön getäfeltes Zimmer vom Jahre 1607 findet sich
auch im Hause des Prof. Hagenbach, dem sogenannten Baren-
felser Hof. Die Wände mit toskanischen Säulen gegliedert,
die Thüren mit korinthischen Säulen eingefasst.
Luzern.
Von Basel wurde die Renaissance wohl zuerst nach Luzern
übertragen, wo Hans Holbein 15I6 die Facade des Hertenstein-
sehen Hauses mit Fresken schmückte. Dennoch blieb auch hier
die Kunst des Mittelalters noch lange Zeit herrschend. Das Haus
Corragioni vom Jahre 1523 zeigt noch durchweg gothischc
Formen, doch die erhaltenen Wandgemälde im Innern, nament-
lich die iiott gemalten Einfassungssäulen im oberen Zimmer,
lassen den Einiiuss H0lbein's wohl erkennen. Gothische Haus-
thüren finden sich in der Stadt an Wohnhäusern mehrfach noch
im 17. Jahrhundert. Der erste Renaissancebau, etwa um 1550
entstanden, geht um so überraschender in Anlage und künst-
lerischer Ausführung auf italienische Einiiüsse zurück. Es ist