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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
Allgemeiner Theil.
Schickhardfs Nachlass, jetzt in der öffentlichen Bibliothek
zu Stuttgart, giebt uns übrigens einige Anhaltspunkte für Art
und Umfang der Studien eines damaligen deutschen Baumeisters.
Ausser zwei italienischen Reisen, von welchen seine Tagebücher
sammt zahlreichen Zeichnungen vorliegen, machte er später eine
Studienreise durch Lothringen und Burgund. Was ihn auf diesen
Reisen besonders fesselt, ist nicht bloss die Anlage und Kunst-
form der Paläste, sondern auch Alles, was er irgend von tech-
nischen und mechanischen Dingen beobachten kann, namentlich
der Wasserbau in Anlagen von Mühlen und Schleusen, endlich
die Gärten mit ihren Springbrunnen, Grotten und Wasserkünsten,
denen er im Sinne seiner Zeit eine besondere Aufmerksamkeit
widmet. Ueber den Umfang seiner literarischen Kenntnisse
erhalten wir durch das handschriftliche von ihm selbst aufgesetzte
Verzeichniss seiner Bücher und Kunstsachen schätzbaren Auf-
schluss. Wir finden ihn im Besitz einer für jene Zeit höchst an-
sehnlichen Büchersarnmlung, in welcher nichts fehlt, was sich
auf seine Kunst in dem weiten Umfange, in welchem man die-
selbe damals verstand und betrieb, irgend bezieht. Die Lehr-
bücher eines Vitruv, Serlio, Palladio, Philibert de POrme, Du
Cereeau, Rivius sind in seinem Besitz, und bis auf seinen „lieben
und guten Freund" Ditterlein hat er alles neu Erschienene sich
zu verschaffen gewusst. Doch darüber ist später im Zusammen-
hang mit den Werken des Meisters ausführlicher zu reden.
Im Ganzen waren also die Baumeister wohl auf literarische
Quellen für das Studium der antiken Kunst angewiesen. Rivius
spricht freilich nicht mit grosser Achtung von Solchen, welche
in ihren Kasten „allerlei Kunst" besässen und sich derselben
dann in ihren eigenen Werken bedienten. 1) Diese Art zu 131-0-
duciren war also schon damals nicht unbekannt. Ein interessantes
Beispiel, in welcher Weise man sich solche Sammlungen anlegte,
bietet ein Buch im grössten Folio, vom Nürnberger Stadtbau-
meister Wolfgang Jacob Stromer herrührend, jetzt im Besitze des
Bürgermeisters v. Stromer in Nürnberg. Es beginnt ganz syste.
matisch mit einem Plane und einer Ansieht der Stadt; dann
folgen Brunnen, Brücken, Entwürfe zur Fleischbrüeke, darunter
ein sehr schöner mit gothischem Maasswerkgelander und einer
Renaissancesaule in der Mitte mit Figur der Justitia. Brücken
von Bamberg, Regensburg, Dresden (diese mit Ansicht des alten
Schlosses) sind hinzugefügt zum Zeichen von der Vielseitigkeit
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