Kap
deutschen Renaissance.
Gesammtbild der
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voll stolzen Bewusstseins derselben. In Frankreich beginnt um
1540 die Thätigkeit einer Reihe grosser Architekten, eines Pierre
Lescot, Philibert de POrme, Jean Bullant, die in Italien ihre Stu-
dien gemacht hatten und dieselben im Dienst eines glänzenden
Hofes an Werken zum Theil ersten Ranges verwertheten. Etwas
Aehnliches finden wir in Deutschland nicht. Die Werke aus der
Zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts fangen zwar allmählich an,
klassischer sich zu gestalten; aber erst gegen den Ausgang der
Elwche, etwa seit 1580, trifft man unter ihnen solche, die auf
Studien in Italien deuten. Und auch dann giebt es daneben
noch viele, in welchen die ältere naive Weise der Composition
und Formgebung ungestört fortbesteht.
In der That scheinen die damaligen deutschen Meister nur
ausnahmsweise Studienreisen nach Italien unternommen zu haben.
Ihre Kenntniss der antiken Architektur schöpften sie ohne Zweifel
Zümeist aus den zahlreichen theoretischen Schriften, unter welchen
(118 Bücher von Rivius einen hervorragenden Platz eingenommen
Zll haben scheinen. Nur so erklärt sich deren grosse Verbrei-
tung durch wiederholte Auflagen. Die auf solche Weise gewon-
nene gelehrte Bildung gab dann den Architekten ein höheres
Selbstgefühl, das sich gegenüber denen, welche in schlichter her-
gebrachter Manier verharrten, an manchen Stellen in der Lite-
ratur der Zeit Luft gemacht hat. Wir sahen schon, wie sich der
ehYSame Tischler Rutger Kässmann stolz als „vitruvianischen
Architekten" ankündigtß) Auch die französische Kunst wirkte
hauptsächlich auf solchen Wegen hie und da auf die deutsche
QIQ- So finden wir mehrfach die Spuren Du Oerceaus, wie denn
bei Johann Bussemacher (Büchsenmacher) in Köln eine Samm-
lung römischer Ruinen erschien, in deren Vorrede der Heraus-
geber sagt, er habe „wie der Jacobus" gethan und diese Sachen
veröffentlicht, damit „in unseren Landen wir's ebenso wol hatten
als die Walen und Franzosen durch des Jacobi Vorsichtigkeit".
Im Dienst der Fürsten gewannen denn auch die so gebildeten
Architekten eine angesehenere Lebensstellung. Schickhart trafen
W11" als Begleiter seines fürstlichen Herrn Herzogs Friedrißll W11
Würtemberg auf einer italienischen Reise?) Er war indess, wie
W11" aus seinen eigenen Aufzeichnungen wissen, 8011011 Vorher
längere Zeit in Italien gewesen; auch darf man seine Bekannt-
schaft mit Giovanni da Bologna wahrscheinlich auf eine frühere
Pßrsönliche Begegnung zurückführen.
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