deutschen Renaissance.
Gesammtbild der
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alterlichen Formen und Constructionen noch stärker dabei zur
Verwendung als selbst im Profanbau. Das Entscheidende ist,
dass das gothische Rippengewölbe nicht bloss in der einfacheren
Gestalt des Kreuzgewölbes, sondern vorzugsweise in den kom-
plicirteren Netz- und Sternverbindungen festgehalten wird. Sogar
die Polyehromie des Mittelalters bleibt mit ihren kräftigen Farben
und ihrem reichen Goldschmuck dabei in Kraft. So zeigt noch
die Kirche zu Freudenstadt vom Anfang des 17. Jahrhunderts'
ein prachtvollcs Netzgewölbe mit zahlreichen elegant deeorirten
Schlusssteinen. Die Marienkirche in Wolfenbüttcl, aus der-
selben Zeit, hat Kreuzgewölbe, deren Rippen mit antikisirenden
Eierstäben besetzt sind. Die Kapelle in Liebenstein zeigt in-
(iess an ihren Kreuzgewölben wiederum gothische Profile. In
der Universitätskirche zu Würzburg haben dagegen die Kreuz-
gewölbe die Formen des Mittelalters abgestreift. Im Zusammen-
hang damit werden namentlich die Fenster immer noch über-
wiegend spitzbogig und mit gothischem Maasswerk behandelt;
So in Liebenstein und Frcudenstadt, während in Wolfen-
büttel eine phantastische Umbildung in üppiges Laubwerk der
Renaissance vollzogen ist, in Würzburg aber eine völlige Ver-
schmelzung von Gothil; und Antike versucht wird, so dass die
Fenster von Rundbogen mit architrairirtem Rahmen eingefasst,
aber mit gothischem Pfostcn- und Maasswerk getheilt sind, über
ihnen sodann auf barocken Voluten sich ein flacher Bogen-
giebel ausbreitet.
Auch in der Grundrissbildung folgt man zumeist noch der
gothischen Ueberlieferung und schliesst das Langhaus mit poly-
gonem Chor. So in Wolfenbüttel, in Liebenstein und zum
Theil auch in Freudenstadt. ln Würzburg dagegen, wo die
Renaissance kräftiger zur Geltung kommt, zeigt der Chor eine
halbrunde Apsis. Von den Schlosskapellen ist hier namentlich
die im alten Schloss zu Stuttgart als ein im Wesentlichen noch
gothischer Bau hervorzuheben. Im Friedrichsbau zu Heidelberg
dagegen ist eine stärkere Einwirkung der Renaissance auch im
der Kapelle zu erkennen. Die Kapelle im Schloss zu Heiligen-
berg hat hölzerne Kreuzgewölbe mit hängenden Schlusssteinen,
die Rippen und die Kappen prächtig polyßhlßmifi- Allßil im
Schloss zu Weikersheim sind hölzerne Rippcngewölbe mit ge-
malten Schlusssteinen, hier aber auf dorischen Säulen. In allen
diesen Bauten kommt die Renaissance mit ihren antiken Form-
bildungen hauptsächlich den freien Stützen, den Emporen und
den Portalen zu Gute. An der Kirche zu Freudenstadt sind
nicht weniger als fünf Prachtportale, deren Oeffnung zwar spitz-