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Gesammtbild der deutschen
Renaissance.
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In Verbindung, auf welche man nach dem Vorgange Italiens und
Frankreichs grosses Gewicht zu legen begann. Freilich sind die
deutschen Schlossgarten dieser Zeit fast nirgends mehr erhalten,
S_0 dass wir gezwungen sind, nach alten Abbildungen und Ueber-
heferungen uns eine Vorstellung zu schaifen. Den vollständigStßIl
Begriff eines Gartens der Renaissance giebt uns die bei Merian
aus der Vogelschau genommene Darstellung des SchlossgartßllS
Zll Heidelberg. 1) Wie fern die Zeit einer freien landschaftlich
malerischen Gartenbehandlung stand, erkennt man kaum irgend-
Wo deutlicher als hier, wo durch ungeheure Substructionen einer-
Seits und Abtragungen andrerseits dem abschüssigen Terrain des
Befgwaldes ein weitgedehnter ebener Platz abgewonnen wurde-
Doch stuft sich derselbe in vier Terrassen ab, welche durch
Treppen in Verbindung stehen. Das Ganze macht mit seinen
Tegelmätssig abgetheilten Blumenbeten, eingefasst von kleinen
rundgestutzten Bäumchen, durchzogen von Taxushecken und
überwölbten Laubgangen, zwischen Springbrunnen, Statuen und
Gartcnhäuschen, mit seinen Grotten, Labyrinthen und andern
zierlichen Spielereien den Eindruck einer streng mit Lineal und
Zirkel behandelten Anlage. Der Garten war hier offenbar archi-
tektonischer als das Gebäude, denn er hatte mit der malerischen
Unregelmässigkeit des gewaltigen, damals noch unversehrten
Schlosses keinen inneren Zusammenhang. Aber es ist Oüißnbar
das Ideal eines damaligen Lustgartens, wie man dasselbe aus
den italienischen Gartenanlagen überkommen hatte.
Aehnliche, wenngleich kleinere Lustgarten verzeichnet Me-
rian bei den Schlössern zu Stuttgart, Weimar, Köthen, zu
Schlackenwerth in Böhmen, in Kassel u. a. O. Ein prach-
tiger Garten mit Terrasse, grossen Baumalleen, Statuen, zerstör-
lßll Wasserkünsten und Arkaden ist noch jetzt beim Schloss
von Weikersheim. Auch in den Städten fingen die reichen
Bürger an, sich Lustgarten anzulegen. Den Kielmannischen und
Windhagerischen Garten zu Wien stellt Merian dar. Manches
ist uns sodann von den Patriziergarten in Augsburg belichtet.
Ueberaus sehenswerth waren die Garten der 1131886132) mm
Laubgängen, Statuen, Gartenbausern und Zierpilanzen aller Art.
Nicht blos der naive_ Schweinichen, sondern sogar ein weitgeTeiStßT
1) Salomon de Gans, der ihn angelegt, hat ihn in einem besonderen
Kupferwerke Hortus Palatinus 1620 beschrieben, Danach die Abbildungen
in Joh. Metzger, Beschr. des Heidelb. Schlosses. Heidelberg 1829. 2) Des
Grafen Wolrad von Waldeck Tagebuch, p. 84.