Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

Geistes. 
deutschen 
Die Renaissance des 
dem Augsburger Religionsfrieden (1555) fängt Deutschland an 
aufzuathmen, sich von den Wirrsalen des Kampfes zu erholen. 
Von da können wir eine stets steigende Zunahme der öffentlichen 
Sicherheit gewahren, obwohl es auch jetzt nicht ganz an Wege- 
lagerern und Stegreifrittern aller Art fehlte. Hans von Schwei- 
nichen weiss auf den phantastischen Irrfahrten mit seinem Herrn, 
Herzog Heinrich XI von Liegnitz, überall von wohlgebauten 
Schlössern mit Wall und Graben zu erzählen, auf welchen die 
Besitzer eine Anzahl Soldaten halten nwegen der Einfälle") Er 
selbst, der leichtlebige Junker, lehnt zwar gelegentlich die Ein- 
ladung zur Theilnahme an einem Ueberfall auf der Landstrasse 
ab, drückt aber ein Auge dabei zu und gestattet stillschweigend, 
dass seine beiden Knechte sich daran betheiligenß). Auch sonst 
hat er von solchen Streichen zu berichten, ohne dass ihm ein 
moralisches Bedenken käme. 3) Selbst ein Fürst des Reiches, 
Herzog Friedrich von Würtemberg, muss sich noch 1592 auf 
seiner Reise nach England in Ostfriesland gegen einen Ueberfall 
von Freibeutern vertheidigen und erlangt nur durch Verweisen 
eines Geleitsbriefes des Landgrafen von Hessen seine Freiheit!) 
Trotz solcher vereinzelter Fälle verbreiteten sich doch in der 
zweiten Hälfte des Jahrhunderts Recht und Ordnung im Lande, 
und Deutschland erfreute sich vom Augsburger Religionsfrieden 
an bis zum Ausbruch des dreissigjährigen Krieges eines Zustandes 
von Gedeihen, welcher sich in glänzender Entfaltung eines höheren 
Kulturlebens bewährte. Zeugniss dessen ist vor Allem die Archi- 
tektur: denn mit Ausnahme vereinzelter früherer Werke beginnt 
die Bauthätigkeit der Renaissance in Deutschland erst um 1550 
und währt in reicher Mannichfaltigkeit fort bis zum Ausbruch 
jenes unseligen Krieges, mit dessen Beginn die Epoche der deut- 
sehen Renaissance abschliesst. 
Als in der abendländischen Welt sich das Sehnen nach Be- 
freiung von mittelalterlichem Geistesdruek mächtig zu regen be- 
gann, war es die wieder entdeckte Herrlichkeit des klassischen 
Alterthums,' in welcher der moderne Geist sein Verjüngungsbad 
fand. Ein wunderbarer Lenzeshaueh weht durch die ganze Zeit, 
 Hans von Sohweinichexfs Selbstbiographie, ed. Büsohing (Breslau 
1830, ü. 3 Bde.) I. 247.  2) Ebd. I. 249.  3) Ebd. I. 270.  4) Herzog 
Friedrich von WürtßmbßrgW-s Badenfahn, besßhr. von Rathgeb, „duroh M. 
Erhardum Cellium, poetischen und historischen Professoren bei Hocher 
Sohul zu Tübingen" edirt (Tüb. 1604) B1. 6.
	        
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