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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
Allgemeiner
wird entweder eine freiere plastische Bekrönung wie am Otto-
Heinrichsbau, oder ein einfacher wohl mit Masken geschmückter
Giebel, wie am Friedrichsbau angeordnet. Auch durchbrochene
Giebel kommen in der späteren Zeit mehrfach vor, wie am Rath-
haus zu Gernsbach (Fig. 76). Manchmal findet man auch
Kreuzstäbe in den Fenstern wie im Erdgeschoss des Rathhauses
zu Mühlhausell (Figßöü), ja Wßhl gar doppelte Kreuzstäbe, wie
am Zeughaus zu Danzig (Fig. 50); doch sind solche Fälle nicht
g'ar häufig, da die beschränkte Stockwerkhöhe sie nur selten
gestattet. Vereinzelt sind auch selbdritt gruppirte Fenster, wobei
das mittlere etwas höher "als die seitlichen ist. Das Rathhaus
von Mirhlhausen zeigt diese Form noch in mittelalterlicher
Fassung, die Geltenzunft in Basel giebt ihr eine klassische Um-
bildung (Fig. 6h) und der Spiesshof daselbst (Fig. 64) fügt dazu
noch das palladianische Motiv, dem mittleren Fenster einen Bogen-
abschluss zu geben. Endlich kommen auch bisweilen gruppirtc
Rundbogenfenster vor wie am Rathhaus zu Constanz (Fig. 76).
Besonders bezeichnend für die gesammte deutsche Renais-
sance ist die Bildung des Orifaments. Sie geht darin zunächst
von der feinen Ornamentik der italienischen Frührenaissancc
aus, die als Grundlage vegetabilische Formen verwendet und
dieselben mit allerlei Figürlichem, besonders mit Masken und
antiken Fabelwesen, aber auch mit Emblemen aller Art vermischt.
Dies zierliche Ornament der Frühzeit, welches durch rhythmischen
Schwung und klaren Fluss der Linie, sowie durch anmuthige Ver-
theilung; im Raume sich auszeichnet, wendet sie an Friesen und
Pilastern, an Säulenschäften und Bogenzwiekeln, kurz an allen
irgend sich darbietenden Flächen an. Beispiele dieser Ornamentila
in den Figg. 17, 18, 24, am Erker des Schlosses zu Torgau
(Fig: 29) und den Portalen zu Biberach, Rothenburg und
Ueberlingen (Figg. 37, 38, 39). Aber gegen die Mitte des Jahr-
hunderts wird diese graziöse Ornamentik immer mehr zurück-
gedrängt und zuletzt ganz beseitigt. Zunächst ist es das soge-
nannte Cartouchenwerk, welches aus dem italienischen Barocco
schon früh nach Frankreich und Deutschland dringt: aufgerollte,
abgeschnittene, mit ihren Enden scharf herausgebogene und frei
vorspring-ende Bänder, die einer biegsamen Masse nachgebildet
sind und wahrscheinlich Zuerst bei den häufigen Augenblicks-
decorationen aus der Anwendung von Gips und anderen weichen
Materialien hervorgegangen sind. Dies Ornament verbindet sich
aber in Deutschland mehr als anderswo mit einer Flächen-
decoration, die ihre Motive aus der glänzend betriebenen Schlosser-
nnd Schmiedekunst herleitet und aufs Genaueste den Stil von