Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

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deutschen Renaissanlce. 
der 
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Zwar erkennt man hier am meisten den Zwiespalt zwischen Mittel- 
alter und neuer Zeit. Nicht blos, dass der Spitzbogen und der 
Flachbogen, letzterer besonders begünstigt durch die Niedrigkeit 
der Stockwerke, sich neben den Rundbogen drängen: auch die 
Gliederung trägt vielfach noch den Charakter der Gothik. Der 
Bogen wird abgefast und ausgekehlt, wie im Schlosshofe zu 
Stuttgart (Fig. 32), wo der Stichbogen unmittelbar auf die 
Deßkplatte des Saulenkapitals stösst. In anderen Fallen, wie an 
der Rathhaushalle zu Köln, tritt der Spitzbogen auf, und zwar 
hier in antikisirender Gliederung. In der Bassiiihalle des Lust- 
hauses zu Stuttgart (Fig. 59) sind die Hauptgurtbögeii, welche 
auf gedrungenen toscanischen Säulen ruhen, rechtwinklig in 
antikisirender Weise profilirt; die Rippen des Netzgewölbes da- 
gegen völlig gothisch. Die Antike gewinnt in der That bei der 
Bßgenbehandlung bald das Uebergewicht, mit ihren rechtwinkligen 
architravirten Formen, sei es, dass man dieselben blos durch 
ihr Profil wirken lässt, wie es meistentheils der Fall ist, oder 
(lass man auch den Bogen völlig mit Ornamenten bekleidet wie 
auf der Plassenburg.  
Der Portalbau nimmt an den Wandlungen Theil, welche 
der Bogenbau im Allgemeinen durchmacht. Portale, die mit 
gfadem Sturz versehen sind, gehören zu den Ausnahmen und 
sind in der Regel nur bei kleineren Oeffnungen, wie in dem 
Hallspoital zu Biherach (Fig. 37) zur Anwendung gekommen. 
Die Regel ist bei den Portalen auch in der deutschen Renais- 
Sance der Rundbogen, obgleich bisweilen, wie am Rathhaus 
Zu Mühlhausen (Fig. '69) der Spitzbogen oder auch wohl, wie 
an dem originellen Privathaus zu Colmar (Fig. 7th), ein Flach- 
bogen vorkommt. Wo diese dem Mittelalter entlehnten Formen 
auftreten, bringen sie auch die mittelalterliche Proiilirung mit ab- 
gefasten und ausgekehlten Ecken mit sich, wie an dem eben 
erwähnten Beispiel. Die Hohlkehle schliesst dann entweder mit 
einer kleinen Volute, oder sie läuft am Kampferpunkt un- 
vermittelt in das rechtwinkelige Profil des Pfostens aus. Nach 
der Mitte des Jahrhunderts macht sioli aber auch hier die stren- 
gere Auffassung der Renaissance geltend, und nicht blos in der 
architravirten Gliederung des Bogens, sondern auch in der Um- 
kleidung und Umrahmung des Portals treten die antiken Säulen- 
Ordnungen einfach, wie an dem Portal zu Ueberlingen (Fig. 38), 
Oder gedoppelt, wie an dem Portal zu Stuttgart (Fig. 30), mit 
Pilastern verstärkt, wie an dem Portal zu Danzig (Fig. 31), 
Oder auf blosse Pilaster reducirt, wie an dem Portal zu Rothen- 
burg (Fig. 39), uns entgegen. Eine kräftige, oft reich geschmückte
	        
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