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111. Buch.
Renaissance in Deutschland.
Allgemeiner
Theil.
gothische Fischblasen und Aehnliches (z. B. auf Bl. 3) sich zeigen.
Am erfreulichsten sind mehrere Entwürfe zu Plafonds, wie Bl. 13,
14, 15, obwohl auch hier manches Barocke, Willkürliche mit
unterläuft. Ein wahrhaft verschwenderischer Gebrauch wird über-
all von jenem für die Spatzeit der deutschen Renaissance so be-
zeichnenden Ornament gemacht, welches im Steinbau die Formen
der Schlosserarbeit mit ihren reich verzierten Bändern und Be-
schlagen nachahmt.
Maassvoller ist eine andere Sammlung, welche durch nüeorgen
Hausen, Hoftischler und Bürger in Wien" 1533 bei Stephan
Kreutzer herausgegeben wurde. Sie tragt den Titel: „Künst-
licher und zierlicher neuer vor nie gesehener funfzig perspecti-
vischer Stuck oder Boden aus rechtem Grund und Art des Zirkels,
Winkelmaas und Richtscheidt mit rechter Schattirung Tag und
Nachts, allen Malern, Tischlern und denen so sich des Bauens
gebrauchen sehr nützlich und dienstlich, mit sonderm Fleiss in
Kupfer geatzt." Er versichert, er habe „nicht mit andrer Vögel
Federn zu iiiegen begehrt, sondern mit seiner von Gott gegebenen
Kunst, Fleiss und Nachtrachtung dies Werk zugerichtet." Denn
Gott habe ihm „in seinem hohen und unruhigen Alter so wunder-
baren künstlichen behenden Weg mitgetheilt, dergleichen er ohne
Ruhm zu melden vorhin bei keinem Andern gesehen habe."
Demnach empfiehlt er seine Sachen "zum Einlegen, Malen, von
dem Hobel zu machen, in Lusthäusern, Sälen und andern Orten
zierlich und lieblich zu gebrauchen." Es sind perspectivisch ge-
gebene Decken, tretfflich gestochen, gut componirt, in der Mitte
stets eine figürliche Darstellung. Die Barockformen sind noch
sehr massig-, das Ganze strenger und schlichter als die meisten
Schöpfungen der Zeit. Dabei ist die Perspective mit grosser
Sicherheit gehandhabt.
Alle Zeitgenossen übertrifft aber an Ueppigkeit der Erfin-
dung und barockem Schwulst der Strassburger Baumeister und
Maler Wende! Dietterlein, der seiner Zeit in hohem Ansehen stand
und durch Herzog Ludwig von Würtemberg nach Stuttgart be-
rufen wurde, wo er 1591 sein bekanntes Werk über die
Säulenordnungen herausgab. Der Titel lautet: "Architectura und
Austheilung der fünf Seuln, das erst Buch." Es enthält 40 eigen-
händig von ihm mit kecker Hand radirte Blätter in Folio. In der
Widmung sagt er, Herzog Ludwig habe ihn neben andern zur
Erbauung des neuen wcitberühinten Lusthauses berufen; ehe er
aber nach seiner Heimath Strassbilrg zurückkehre, wolle er „die
mancherlei Arten und Manier der Ornamenten und Zier, welche
zu den fünf Saulenordnungen gehörten, darstellen, damit Jeder-