Kap
Theoretiker.
Die
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erstmalsdurch Hannss von Lohr, die fünf Säulen aber jetzt aus
Holz flerssig in Kupfer geschnitten, die fünf Termen verordnet
durch den vitruvianischen Architekten Butger Auessmann, Bild-
hauwer und Schreiner." Der gelehrte vitruvianische Schreiner
giebt dabei zu verstehen, dass diese Kunst nicht erst von Neuem
sgedieht" sei, sondern „vor tausend Jahren zu den Zeiten Salomo-
Ills, welcher den Tempel zu Jerusalem auf korinthische Manier hat
lassen bauen." Seine Formen sind durchweg schon sehr barock,
besonders von allerlei Voluten macht er im Sinne der Zeit einen
starken Gebrauch. In ein vollständiges System wird aber die
tolle Willkür der Zeit durch das "Schweiffbüchlein" Gabriel
Krammerfs gebracht, welches 1611 zu Köln bei demselben Ver-
leger erschien. Der Verfasser stellt sich uns auf dem Titel nicht
blos als "Dischler", sondern auch als „Ihrer röm. kays. Maj.
Leibtrabanten-Guardi-PfeiHer" vor, und verspricht .,mancherley
Schweiif, Laubwerk, Rollwerk, Perspectiv und sonderliche Gezierden
Zu vieler Handarbeit" darzubieten. Schon das Titelblatt ist ein
barockes Monstrum, wo ausgebauchte durchbrochene Voluten mit
geschweiften und abgestützten Giebeln wechseln. Die Vorrede,
Welche von 1612 datirt und vom Verfasser als einem Verstorbenen
Spricht, berichtet, er habe lange gewartet, ob nicht „andere der
Architektur hochverständige Meister von der neuerlich bei uns
Teutschen herfürgläntzenden Kunst der Schwciifbüchlein genannt"
etwas schriftlich herausgeben würden; da aber nichts erfolgt sei,
S0 wolle er wenigstens das Seinige thun. Das thut er dann,
indem er auf 23 Blättern alle Arten von barocken Schnörkeln,
Ohne bestimmte Oomposition, gleichsam als Elemente einer neuen
Architektur vorführt. Es ist in der That ein Compendium barocker
Detailformen. Am anziehendsten sind die blossen Flächendeko-
rationen Bl. 11 ; alles Uebrige gehört dagegen zum Ausschweifend-
sten der Zeit. Sogar ein Alphabet in diesem Stile giebt er auf
Bl. 12; ebenso lehrt er Bl. 14 -und 15, wie die gebräuchlichen
heraldischen Figuren, als Löwe, Adler u. dgl. ganz in barocke
Schnörkel aufzulösen sind. Am merkwürdigsten ist aber, dass
er alle diese Ausgeburten der Phantastik streng nach den ver-
schiedenen Saulenordnungen durchführt, so dass für jede der-
selben eine besondere Art der Verschnörkelung Zum Gesetz
erhoben wird. Es ist also doch Methode in diesem Wahn-
sinn. Eine andere Sammlung aus demselben Verlag, mit dem
Monogramm I-PE bezeichnet und 1609 datirt, giebt sodann auf
24 Blättern Compositionen in diesem Stil, namentlich Tabernakel
und Altaraufsatze, bei welchen alle Tollheiten der Zeit zur Ent-
faltung kommen, zwischen dem barocken Detail aber sogar noch