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III.
Buch.
Renaissance in Deutschland.
Allgemeiner
Theil.
Stiles schliesslich so unerfreulich machten. In den rein plani-
metrischen Aufgaben, deren er eine Menge bringt, sehliesst er
sich durchaus Euklid an.
Das zweite Buch ist der "geometrischen Büxenmeisterei" ge-
widmet. Er entwickelt die Gesetze der Artillerie, des Schiessens
mit direktem und mit indirektem Schuss, durch viele hübsch ge-
schnittene Beispiele. Die Zeichnungen sind vortrefflich, jedes
Geschütz ist nach der echt künstlerischen Sitte der Zeit mit ele-
ganten Ornamenten geschmückt. Daran schliesst sich die Ab-
handlung „von Erbauung und Befestigung der Stadt, Schlösser
und Flecken . in Form eines freundlichen Gesprächs eines er-
fahrenen vitruvianisehen Architekti und eines jungen angehenden
Baumeisters". Die Schrift giebt an Wortreicher Breitspurigkeit
den übrigen Arbeiten des Autors nichts nach. Der junge Künstler
bittet mit Weitschweifigen Complimentcn den alten um seine
Unterweisung, weil er „nach der Lehr Platonis und Christi"
seinem Vaterlande nützen wolle. Der Alte giebt ihm. dann
nicht minder umständlich auf seine Fragen Antwort, warnt ihn
aber vor der Grösse der Aufgabe, das Amt eines Baumeisters
oder wahrhaftigen Architekti zu übernehmen, denn es sei keine
leichte Sache „bei der wunderbarlichen Scharffsinnigkeit der
jetzigen Welt, so alle Ding untersteht auf das Höchst zu bringen
und zu überkünstlcn" (B1. Ib). Beide gehen "stets auf die ita-
lienischen Vorbilder zurück. Der Gegensatz der nunmehr auf-
kommenden klassisch gebildeten Architekten mit den einfachen
Meistern der früheren Zeit spricht sich mehrfach aus. So heisst
es (B1. III a) z. B.: "Unsere gemeine Werkmeister und Stein-
metzen sind solches grobes Verstandes, dass sie diese Dinge
nicht begreifen und machen können."
Das dritte Buch handelt „Vom rechten Grund und fürnehm-
sten Punkten recht künstlichen Malens." Nach den Anweisungen
zum bequemen Zeichnen, welche auf sehr einfache praktische
Handgriffe hinauslaufen, folgen Vorschriften, wie die Farben
neben einander zu setzen seien. Er tadelt dahei die Maler, welche
das Gold zu häufig brauchen; die Rahmen dagegen solle man
mit gutem Gold und Silber zieren (XIII a). Mathematik und
Geometrie müsse der Maler gründlich verstehen, Historie und
Poeten lesen, auch die Gelehrten befragen (XlVa). Der "kunst-
reiche Maler" Phidias habe von dem Poeten Homeros gelernt,
"in was Herrlichkeit und Majestät er den Abgott Jupiter malen
801D." Schliesslich verweist er auf die Natur als die beste Lehr,
meisterin, nicht in dem hohen Sinne, den wir bei Dürer fanden-
sondern in dem nüchternen Eklekticismus, welcher überall die