Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

Kap. IV. 
Die Theoretiker. 
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leuchtet aus alledem deutlich hervor. Im Norden hinderte glück- 
licherweise die mittelalterliche Ueberlieferung noch lange Zeit 
an einer ähnlichen Auffassung. Wie ernsthaft man es, in der 
Theorie wenigstens, damit nahm, ersehen wir aus der Stelle, wo 
er den Architekten nicht bloss ermahnt, dass er, „so er der Sym- 
metrie behend und wohl erfahren sein wolle, sich der geometri- 
schen Messung hefftig üben müsse," sondern auch nach VitrüV 
die Unterschiede der Tempel nach verschiedenen Gottheiten, be- 
sonders männlichen und weiblichen, einschärft. Namentlich meint 
er (XXXIa), "dass Göttinnen und zarte Jungfrauen mit solchen 
zierlichen Gcbäuen zu verehren seien, so fast artliehen und wohl- 
geschmückt und gezieret,  .    dass solcher zarten Göttinn in 
Wollust hofirt werde."  
Dass für häusliche Anlagen vollends die italienische Renais- 
sance (wieder genau nach Cesariano) ihre Vorbilder leihen muss, 
ist selbstverständlich. Das Rathhaus (OLXII b) "nach der alten 
griechischen und italienischen Manier" zeigt sich im Erdgeschoss 
mit Bogenhallen, darüber mit gekuppelten Fenstern zwischen 
Pilastern, das Hauptgesimse gekrönt mit Voluten, Statuen und 
'l'hürmchen, als ein aus venetianischen Anschauungen geschöpfter- 
Bau. In der Faeade der Basilika zu Fano (CLXIIIIa) wird 
man ebenfalls die Einflüsse Oberitaliens, namentlich Veronas und 
Mailands, erkennen. Als Atrium tuscanicum (CO a) giebt er einen 
jener kleineren florentiner Palasthöfe, deren vorspringende Däche1' 
auf hölzernen oder steinernen Consolen ruhen. Ein ähnlicher 
Hof „nach korintischer Manier" steht auf der Stufe des Palazzo 
Gondi oder Strozzi und lässt seinen Hof auf korinthischen Säulen 
ruhen, die aber nicht mit Bögen, sondern mit Architraven ver- 
bunden sind. Dieselbe Auffassung, aber statt der Säulen korin- 
thische Pfeiler, schliesst sich daran. Bogenhallen auf Pfeilern, 
darüber ein Geschoss mit gekuppelten Fenstern auf Mittelsäulßll, 
wie es die ilorentinische Frührenaissance durchgängig liebt, folgt 
darauf. Das Gesimse ist hier nach mittelalterlicher Weise, etwa 
wie am Pß-MZZO di Venezia zu Rom, aus grossen Bogßllüißsell 
mit einem Zinnenkranz gebildet. Ein kleiner Kuppelthllrm ill 
der Mitte kommt hier und an andern Orten vor. Den ausgebil" 
deten iiorentiner Palasthof mit gewölbten Hallen auf Säulen im 
Erdgeschoss und mit flach gedeckter Loggia, deren Arkaden 
auf Pfeilern ruhen, etwa nach dem Vorbilde des Palazzo Ric- 
cardi, finden wir dann ebenfalls (OCIIb). Als Beispiele fuhrt er 
aber im Text mehrere Mailänder Bauten an. ÜIII die antiken 
Oeci zu erklären (COVIIa) giebt er die Abbildung zweier grossen 
Prachtgebaude im Charakter von Spitälern, unten mächtige ko- 
Kugler, Gcsch. d- Bauk. Y. 10
	        
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