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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
A. Allgemeiner Theil.
Was er von Anlage und Gesammtform antiker Gebäude vor-
bringt, ist begreiflichei- Weise nach den Anschauungen der ita-
lienischen Renaissance, und zwar durchweg nach Cesariano, ge-
bildet, und nimmt sich manchmal wunderlich genug aus. So
giebt er die Grundformen des griechischen Tempels ganz nach
dem Schema mehrsehifliger Kirchen der ausgebildeten Renais-
sance, mit Kreuzgewölben, auch wohl Kuppeln, bisweilen selbst
mit complicirteren Gewölbformcn, wie z. B. beim Pseudodipteros.
Von offenen Säulenhallen, welche die Tempel umziehen, hat er
gleich seinem Vorgänger keine Vorstellung. Ueberall sind es
nach dem Muster christlicher Kirchen geschlossene Mauern mit
kräftigen Strebepfeilern, welche den Bau umgeben, Beim Di-
pteros und Hypaethros zeichnet er dann zweischiifige Umgange
auf Pfeilern, und ebenso lässt er im Innern die Gewölbe meist
auf viereckigen Pfeilern ruhen. Nu1' dem Peripteros giebt er
Säulen, die aber blos im Innern angebracht sind, wo sie ein
längliches Mittelschiff von vier Gewölbjochen von den ringsum
geführten Seitenschiifen abgrenzen. Dabei sind nach dem Vor-
bilde romanischer Kirchen je zwei Arkaden durch gemeiheameh
Bogen zusammengefasst und zu einem Gewölbjoch VerbundeIL
Auch bei den Faeaden dieser Tempel schwebt ihm das Aeussere
italienischer Renaissancekirehen vor. Sein Prostylos und Amphi-
prostylos sind mit ionischen Pilastern bekleidet, über weleheh
die entsprechenden Gebälke und Gesimse sammt Giebel aufsteigen.
Im mittleren Intercolumnium ist das Portal, beim Amphipreetylee
darüber ein Rundfenster, in den Seitenfeldern sind eehlanke
Fenster mit gradem Sturz und Giebel angebracht. Dazu kommt
im Giebelfelde noch ein Rundfenster. Der Amphipreetyles unter
scheidet sich sodann hauptsächlich durch eine runde Kuppel mit
Laterne, Welche über der Mitte aufsteigt. Beide Tempel sind
nämlich als kleine Oentralbauten angelegt und die Chorapsis,
das eine Mal halhrund, das andre Mal rechtwinkelig, ist durch
eine Mauer als gesonderter Raum abgetrennt. Wir haben hier
ungefähr jenes Ideal eines Oentralbaues der Renaissance, wie es
in der Madonna di San Biagio bei Montepulciano Gestalt ge-
wonnen hat. Beim Antentempel giebt er für die Facade als Va-
riante einen schlanken Hochbau von zwei korinthischen Pilaster-
geschossen, das breitere Erdgeschoss mit Volute oder Halbgiebel
abgeschlossen. Einen reich entwickelten Hochbau ähnlicher Art
bringt er dann beim Pseudodipteros vor, die Voluten und Giebel
seltsamer Weise mit liegenden Drachen und Hirschen bekrönt.
Wie sehr die Baumeister der Renaissance überzeugt waren, in
ihren Kirchen die antiken Tempelschemata zu VGIWVlIIKllCIICU,