Theoretiker.
Die
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gäinten Formen bringt er bei, auch diese theils unabhängig von
seinem Vorbilde. Er rath sodann (XXXlb), die Ordnungen nicht
Zu vermischen, obwohl solches auch bei den Alten zuweilen ge-
schehen sei, wie z. B. am Marcellustheater, „wo in die dorischen
Kornizen jonische Dentieuli gesetzt seien." Doch spukt auch
bei ihm die Neuerungssucht der Zeit in mancherlei Vorschlagen
lXVIIb) zu „Verenderung der Bossen, so ein verstendiger Bau-
meister weiter nach seinem Gefallen in mancherlei Werk bringen
mögfi" Hier giebt er dann viel Phantastisches und einzelne
schon sehr barocke Dinge. So die vorgekröpften Gebalke, die
auf ukaryatischen Weibern und Matronen" in reich gesticktem
Gewändern mit Troddeln an den herabhängenden Zipfeln ruhen,
darüber nochmals Halbtiguren, welche das obere Gebälk tragen.
Oder er lasst das Gesimse von knieenden Kriegern „in antikischer
Tracht" empor-halten, und meint damit die persische Halle der
Lacedämonier getroffen zu haben, „wie dann solche mit grosser
Fürsichtigkeit und sonderer Listigkeit und scharptfem Bedacht
YOII den alten Baumeistern gemacht worden." Dies Alles freilich
nach seinem italienischen Vorbild. Das barockste Zeug bringt
61' unter den „künstlichen Säulen von Bildwerk, wie solche dieser
Zeit bei den Welschen in Brauch": Hermen, zum Theil nach
unten eingewickelt wie in Windeln, oder in einen Baumstamm
auslaufend, mit türkischem Turban und Troddelmantel, oder mit
Zwei weiblichen Oberkörpern, welche die Arme übereinander
schlagen. Diese Dinge sind aber nicht aus Cesariano entlehnt,
Schmecken vielmehr nach französischen Mustern. Was" er von
italienischen Künstlern kennt, hat er aus Cesariano. Ausser
Michelangelo, "der noch dieser Zeit bei Leben", nennt er (XClXb)
nur lombardisehe Meister: „Johannes Christophorus von Rom,
Christophorus Gobbo und Augustinus Busto, beyde von Meylandt,
Tullio Lombarder zu Venedig, Bartolome Olement zu Reggio und
der kunstreich Contrafactor zu Meylandt, Johannes Antonius
Bolteipho (Boltrafiio), Marcus de Oglona, Bernhardus
Bartolomeus, oder Bramantes genannt (Bramantino), Bernhardlnus
de Lupino (Luini) und der allerkünstlichst Maler zu Venedig, Tut-
tian genannt." Den Titian hat er aus Eigenem hinzugefügt, denn
Üesariano nennt ihn nicht. Von Bramantds Ruhm WeiSS 81'
Wiederholt zu erzählen, von Bustds Grabmal des Gaston eben-
falls. Auch rühmt er die Sakristei von S. Satiro zu Mailand als
ein treiflichesjWerk Bramanteis. Noch sonst weist er auf Bauten
zu Mailand, einmal auch auf die Spitäler zu Florenz, Siena und
Rom hin. Ebenso erwähnt er die alten musivischen Fussböden
in Rom, Ravenna und San Marco von Venedig.