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III.
Die Renaissance in den Kunstgewerben.
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Endlich haben wir noch einen Blick auf die textilen Künste
Zu Werfen, die in dieser Zeit im Wetteifer mit der gesammten
künstlerischen Bewegung ihre Meisterschöpfungen hervorbrachten.
Flandern war es vor Allem, wo die Teppichwirkerei sich auf
ihren Gipfel erhob. Selbst die berühmten Compositionen Rafaels
für die sixtinisehe Kapelle des Vaticans wurden auf den Web-
Stühlen zu Arras ausgeführt. Diese Kunst suchte in der Vollen
Anwendung und reichen Abstufung der Farben und im Herbei-
ziehen des Goldes die monumentale Malerei zu überbieten. Allßll
nordische, namentlich fiandrische Meister wurden zahlreich mit
Entwürfen für Teppiche beauftragt. In allen Ländern wetteiferten
die vornehmen und besitzenden Stände in der Anwendung kost-
balßr Teppiche, mit welchen die Wände bedeckt zu werden
pflegten. Vieles derart ist noch jetzt erhalten, eine reiche Aus-
wahl namentlich im Nationalmuseum zu München. Obwohl
dieser Luxus hauptsächlich von Italien und Flandern sowie von
Pankreich ausging, während man in Deutschland und der Schweiz
überwiegend an der Holzvertäfelung festhielt, beginnt seit der
Mitte des 16. Jahrhunderts auch hier die Anwendung der Teppiche
Iwzünehmen. Noch 15.50 berichtet Aloisius von Orellif) dass er
111 Zürich nur in zwei Hausern Teppiche gesehen, und auch diese
Seien aus Mailand gekommen.
Dagegen findet die Stickerei, die im Mittelalter vorzüglich
111 den Nonnenklöstern geübt worden war, jetzt steigende Ver-
wendung für weltliche Zwecke. Besonders in München wurde
durch die Prachtliebe des Hofes in der zweiten Hälfte des 16. J ahr-
hunderts die Teppichstickerei durch .eine Reihe von geschickten
Künstlern geübt, und aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts be-
Tlßhtet Neudörffer von dem Nürnberger Sticker Bernhard Müllner,
daSS er ein sehr geschickter Meister gewesen. Ausser den Tep-
pichen fertigte man namentlich die Kissen und Polster für Stühle
und Bänke, denn eine Zeit lang herrschte noch die mittelalter-
liche Sitte einfacher Holzmöbel, welche man dann mit Kissen
belegte. Im weitern Verlaufe der Epoche kommen aber die
Polstermöbel auf, bei welchen das hölzerne Gestell für den Sitz,
diß Rücken- und Armlehnen mit Polstern überzogen und mit
Tßicher Stickerei bedeckt wurde. Prächtige Möbel dieser Art
Sieht man z. B. im Schloss zu Weikersheim. Bankpßlstßly
Kissen und Faulbett schildert Hans Sachs in seinem Gedichte
über den Hausratli, unter den "bei dreihundert Stücken, so un-
Orelli ,
1) Aloysius von
Zürich 1797.
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