Volltext: Geschichte der deutschen Renaissance (Bd. 5)

128 
Buch. 
III. 
Renaissance in Deutschland. 
Allgemeiner 
Theil. 
der letzten Zeit hinzufügen, welche die Stadt Stein am Rhein be- 
sitzt. Im Zunfthaus zum Kleeblatt sieht man vierzehn trcfiliche 
Scheiben vom Jahre 1542, nur eine trägt das Datum 1607. Sie 
enthalten die Wappen der Schweizerkantonc in schöner Ausfüh- 
rung. Achtzehn Scheiben, mehrere von 1516 und 1517, die 
meisten von 1542 und 1543, eine von 1590 ebendort im Schützen- 
haus. Die frühesten zeigen eine noch ziemlich unklare Renais- 
sance in primitiven, zum Theil unbehülflichen Formen, sodass 
man auch hier auf das überall wiederkehrende Datum für die 
erste Einführung der neuen Formen stösst. 
Im Kirchenbau tritt die Glasmalerei während dieser Epoche 
immer mehr zurück. Wo sie indess noch zur Verwendung kommt, 
nimmt sie ebenfalls bald die Motive der Renaissance auf. Anstatt 
in den engen gothischen Nischen mit spitzen Wimpergen und 
Fialen breiten sich die Figuren unter antikisirenden Baldachinen 
aus. Die ganze Pracht des neuen Stils entfaltet sich in der 
architektonischen Umrahmung der Gruppen. Die breitere Anlage 
des Rahmens wurde schon durch die immer mehr hervor-tretende 
Tendenz nach grösseren figürlichen Compositionen bedingt; doch 
musste die kirchliche Glasmalerei auf diesem Wege im Wett- 
eifer mit der Oelmalerei zu einem Naturalismus kommen, der ihr 
Stilgesetz sehädigte und schliesslich zerstörte. Was in den kleinen 
Dimensionen der profanen Glasscheiben zulässig war, ja zu einem 
neuen Mittel der Ausbildung wurde, musste bei kirchlichen Werken 
sich unheilvoll erweisen. Eins der frühesten Beispiele vom Auf- 
treten der Renaissance in kirchlichen Glasbildern bietet das 
Schlussfenster des Chors in der. Oberen Pfarrkirche St. Marien 
zu Ingolstadt, eine treffliche Arbeit vom Jahre 1527, die Ma- 
donna von Engeln verehrt, in reichem Renaissancerahmen. In der 
untern Abtheilung knieen die Herzoge Wilhelm und Ludwig von 
Bayern als Stifter.  
In der späteren Zeit, je mehr der Einfluss der strengeren Re- 
naissance Italiens sich Bahn bricht, tritt die Glasmalerei zurück. 
Doch kommt sie bisweilen noch vor, wie in der Kapelle der 
Residenz zu München, wo sie indess einen rein dekorativen 
Charakter annimmt. Ich gebe in Figur 28 ein Beispiel von den 
in prächtigen satten Farben auf hellem Grunde ausgeführten 
Ornamenten, in deren Charakter die Zeit des beginnenden 17. Jahr-_ 
hunderts sich trotz gewisser naturalistischer Elemente mit grosser 
Schönheit ausspricht. 1) 
i) Ich verdanke die Mittheilung dieser Zeichnung Herrn Baurath 
München, der mit der Herstellung der Residenz betraut ist. 
in 
'Riedel
	        
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