Kap-
111.
den Kunstgewerben.
Renaissance in
Die
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einen iiotten, kecken Zug. Der Eindruck dieser Werke ist reich
und heiter, bei aller Pracht harmonisch und klar. Die Oefen
behalten ihre volle Polychromie bis in die zweite Hälfte des
17. Jahrhunderts; dann werden sie matter und vereinfachen die
Farbenscala, bis im 18. Jahrhundert nur noch Blau auf weissem
Grunde zurückbleibt. Zu Gunsten der malerischenWirkung wird
nun die plastische Behandlung zurückgedrängt und auch die archi-
tektonische Gliederung auf das Nothwendigste beschränkt, wobei
wieder ein richtiges Stilgefühl die einfachen Meister dieser Werke
leitet. Der bildliche Inhalt gewinnt an Fülle und Bedeutung,
Zu den biblischen, mythologischen, allegorischen und g-enrehaften
Darstellungen gesellen sich Scenen aus der Schweizer Geschichte,
und der reiche Inhalt wird durch redselige lnschriften in Versen
noch weiter ausgesponnen.
Ein Beispiel von dem Stil dieser Werke von einem ehemals
in Oberstrass bei Zürich befindlichen Ofen ist unter Figur 27
beigefügt. Im VI. Kapitel geben wir unter Figur 63 das pracht-
vollste der uns bekannt gewordenen Werke, den Ofen des Alten
Seidenhofes in Zürich, mit doppeltem Sitz. Aus dieser Zeich-
nung mag man sich eine Vorstellung bilden von der gediegenen
Pracht, zu welcher solch ein farbenreicher Ofen mit dem dunklen
Ton der holzgetäfelten Wände und der reich geschnitzten Decke
und mit dem Farbenschimmer gemalter Wappen oder Vaterlän-
discher Geschichten in den Glasfenster-n zusammenwirkt. Dieser
Ofen trägt die Jahrzahl 1620 und das Monogramm L. P., welches
wohl auf einen Pfau von Winterthur zu deuten ist. Zu den
frühesten dieser Oefen gehört ein zum Theil noch mit grün-
glasirten Kacheln ausgestatteter vom Jahre 1607 im Schloss
Elgg bei Winterthur. Ein anderer ebendort ist 1668 von Hans
Heinrich Graf ausgeführt, der ebenfalls dabei ältere grün-
glasirte Kacheln verwendet hat. Einer der schönsten Oefen,
durch besonders schwungvolle Ornamente und kräftige Poly-
chromie ausgezeichnet, ist der im Haus zum Balusterbaum in
Winterthur vom Jahre 1610. Hier herrscht namentlich ein
achter Arabeskenstil der Zeichnung, der mit fein entwickelten
Banken, Blumen und Vögeln, mit Masken und aufgerolltem
Rahmenwerk trefflich zu wirken weiss. Die Passionsblumen in
den Ranken am Sitz gehören zum Schönsten, was irgendwo an
Oefen vorkommt. Denn sehr bald drang in die Ofenmalerei
eine naturalistische Behandlung, die dem Arabeskenstil ein Ende
machte. Von feiner Durchführung ist ein Ofen im Hause zum
wilden Mann in Zürich, der zum ersten Mal die Heldenthaten
der Schweizer Vorzeit in Bildern darstellt. Einen Ofen vom Jahre