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III.
Buch.
Renaissance in
Deutschland.
Allgemeiner
Theil.
kunstreichen Oefen dort erhalten, und namentlich sind es die
nordöstlichen Theile des Landes, welche sich darin auszeichnen.
Der Hauptsitz dieser Industrie war hier Winterthur, wo die
Familie Pfau und neben ihr die Erlzart eine Anzahl geschickter
Hafnermeister und Ofenmaler lieferte. Auehdiier beginnen die
Oefen mit einfarbiger Glasur, und zwar wie es scheint, aus-
schliesslich grüner. Solcher Art sind die beiden Oefen auf der
llörsburg bei Winterthur und der schöne in dem Herrenhause
zu Wülflingen. Die Dekoration gestaltet sich reich, die Glie-
derungen sind elegant proiilirt, die Pilaster und Friese mit Masken,
Muschelwerk, Blumenranken und Arabeskcn geschmückt. An dem
Ofen zu Wülflingen kommen barock phantastische Hcrmen dazu,
und die Reliefbilder geben biblische Darstellungen und genrehafte
Liebesscenen. Alles das bewegt sich noch in den Formen des
K6. Jahrhunderts, obwohl dieser Ofen das Datum 1645 trägt.
Ein Beweis, wie lange in der Schweiz die Traditionen der früheren
Renaissance festgehalten wurden. Bei diesen Oefen ist der Auf-
bau meistens polygon, sechs- oder achteckig, das Gesammtver-
hältniss schlank. In der Regel wird nun neben dem Ofen in
der Ecke des Zimmers ein bequemer Sitz mit Rücken- und Arm-
lehne ebenfalls mit glasirten Kacheln aufgebaut, zu welchem
man über mehrere Stufen hinaufsteig-t; zuweilen findet sich auf
beiden Seiten des Ofens ein doppelter Sitz. Diese Sessel, welche
für die betagten Eltern bestimmt waren, gestalteten sich um so
behaglicher, als ihr hohler Raum gleichfalls vom Ofen aus erwärmt.
wurde, oder gar eine selbständige Heizung hatte. Die glasirten
Fliesen, welche auch diese Sitze bedecken, setzen sich dann
meistens an den Wänden weiter fort, so dass die dem Ofen be-
nachbarten Theile des Zimmers dieselbe Bekleidung erhalten.
Sehr bald tritt nun aber an Stelle des einfarbig grün g-la-
sirten Ofens mit seiner ausschliesslich plastischen Durchbildung
der vielfarbige mit überwiegend malerischer Behandlung. Anstatt
der grünen Bleiglasur erhalten die jetzt grösser gewordenen
Kacheln einen milchweissen Emailgrund, auf dessen Flache die
Ornamente wie die Bilder farbig gemalt werden. Ein leuchtendes
und doch mildes Blau gewinnt die Ueberhand und bildet die
Grundlage der Zeichnung Daneben findet man in erster Linie
Gelb und Grün, weiter auch Violet und Schwarz. Die Farben
werden dünn und leichtfiüssig aufgetragen, die Behandlung hat
Heft 4, mit Abb, wieder abgedruckt in meinen Kunsthist. Studien. Stutt-
gart 1869)-habe ich Beiträge zu einer Geschichte der Oefen gegeben. Für
Deutschland fehlt es leider noch an einer solchen Arbeit.