lerische Bewegung jener Zeit wird von beiden Autoren begreiflicher
Weise mit Stillschweigen übergangen: eine lebhafte Aufforderung
für die Männer des Faches, diese Lücke auszufüllen. So ist denn das
liebenswürdige Buch v. Eye's über Albrecht Dürer, das umfassende,
gründliche Werk Woltmanns über Hans Holbein entstanden, Während
Schuchardt das Leben Cranachs zum Gegenstande der Schilderung
machte. Für die bildnerischen Schöpfungen der Zeit habe ich selbst in
den betreffenden Kapiteln meiner Geschichte der Plastik Einiges beizu-
bringen gesucht und dafür eine Reihe von Einzelforschungen zu Gründe
gelegt. Aber immer noch fehlte uns bis jetzt eine Darstellung der Archi-
tektur jener Epoche, und selbst unter den Architekten begnügte man
sich meist damit, vom Schloss zu Heidelberg zu reden und das Uebrige
als eine wenig bedeutende verworrene Masse bei Seite zu schieben.
Diesem Vorurtheil soll meine Darstellung, wie ich hoffe, ein Ende
machen. Wer das reiche Kulturleben des damaligen Deutschlands kennt,
weiss, dass solche Verhältnisse stets auch in der Architektur zu einem
charakteristischen Ausdruck kommen.
Kaum ist der Kampf gegen das geisterknechtende Rom zum
vorläufigen Abschluss gebracht, die Gewissensfreiheit erfochten, so
strebt das deutsche Volksgemüth, seinem idealen Drange wieder in
künstlerischen Werken volles Genüge zu thun. Das neu begründete
Fürstenthum, das theils der Förderung der Reformation, theils dem Be-
kämpfen derselben seine Macht verdankt, spricht dieselbe in prächtigen
Schöpfungen aus. Mit ihm wetteifert das durch Handel, Gewerbthatig-
keit und höhere Bildung hervorragende Bürgerthum, um auch seinem
Leben einen entsprechenden Ausdruck zu schaffen. Die humanistische
Bildung der Zeit, die Begeisterung für das klassische Alterthum kommt
dabei zur frischen Erscheinung; aber indem sich dieselbe mit den EI-
fordernissen heimischer Sitte und Ueberlicferung, mit den klimatischen
Bedingungen und Volksanschauungen in Ausgleich setzt, entsteht jene
anziehende Mischung, welche in den Werken jener Zeit sich als lebens-
Vüner, Ilaturnothwendiger Reflex der wirklichen Verhältnisse so charak-
tervßll Zu erkennen giebt. Werden daher jene Schöpfungen vor dem
strengen Maßsstabe einer abstrakten Aesthetik nicht tadelfrei ausgehen,
so sind sie doch als Kulturausserungen einerschaffensfrohen, kräftigen
Zeit von hohem Interesse und auch künstlerisch von einem nicht gering
zu schätzenden Werthe. Was in der langen friedlichen Epoche von
ca. 1540 bis ZIIIII Ausbruch des unseligen dreissigjährigen Krieges in
Deutschland an Werken der Architektur und der begleitenden Decorßüon