Kap
III.
den Kunstgewerben.
Die Renaissance in
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bestätigt, was Neudörffer von Wenzcl und seinem Bruder Albrecht
berichtet: 1) „Sie arbeiten beede von Silber und Gold, haben der
Perspectiv und Maasswerk einen grossen Verstand, schneiden
beede Wappen und Siegel in Silber, Stein und Eisen, sie
schmelzen die schönsten Farben von Glas, und haben das Silber-
Ezen am höchsten gebracht. Was sie aber von Thierlein, Würm-
lein, Krautlein und Schmecken (Blumensträussen) von Silber
giessen, auch die silbernen Gefäss damit zieren, dass ist vorhin
nicht erhöret worden." Wohl muss man aus einem strengeren
Kunstgesetz heraus Manches in diesen Arbeiten zu naturalistisch
finden; dennoch ist in ihnen mehr künstlerisches Vcrständniss
und freier Schwung der Phantasie, als wir mit unseren streng
tektonischen Schöpfungen bis jetzt irgend erreicht haben.
Aber die Thätigkeit des Goldschmiedes erstreckte sich noch
weiter über alle Gebiete des Schmucks, und zwar nicht blos der
schmückenden Gerathe im enge1'en Sinne, vielmehr die ganze Klei-
dung wurde zum Gegenstand prächtiger Ausstattung. Nicht allein
die Ringe, Ketten und Gürtel, die Spangen und Agraffen gaben
Anlass zu künstlerischer Behandlung, sondern auch die Röcke,
Mantel und Hüte wurden oft reich mit Zierathen bedeckt, zu
deren Erfindung- selbst Meister wie Holbein Kopf und Hand zu
bieten nicht versehmahten. Schöne Beispiele besitzt das National-
museum zu München, namentlich jene Schmuckgegenstande,
Welche aus der Pfalz-Neuburgischen Fürstengruft zuLauingen
stammen. Es sind goldne Halsketten mit reichen Gehängen,
Knöpfe mit Emailornamenten, kleinere Armketten, Nadeln und
Ringe, Kleiderbesatz und Agraffen, alles in fein durchbrochener
Arbeit mit herrlichem Emailschmuck ausgestattet. Ferner Frauen-
gürtel in Silber- und Goldfiligran, mit ineinander verschlungenen
Ringen meisterhaft gearbeitet, dazu Medaillen als Gehänge, alles
mit reichem Schmelzwerk. Endlich Mannerschmuck, besonders
silberne Ketten und Dolche mit trefflich ciselirten Scheiden. Eine
der reichsten Sammlungen von Prachtgegenstanden aller Art findet
sich in der k. Schatzkammer der Residenz zu München. Nicht
minder merkwürdig ist das gemalte Inventar dieser Kostbarkeiten,
ausgeführt von der Hand Hans rllueliclfs, jetzt im Besitz von
Hefner-Altenecks, schon deshalb von hohem Werth, weil manches
der dargestellten Prachtstücke langst verschwunden ist. Die Ge-
genstände sind auf Pergament mit deckenden Farben und Gold
meisterlich ausgeführt. Dazu gehört in demselben Besitz eine
1) J; Neudörifefs Nachrichten
(Nürnberg 1828.) S. 33 fg.
VOII
den
vornehmsten
Künstlern
6130.