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III. Buch.
Renaissance in Deutschland.
A. Allgemeiner Theil.
Erzbildern sächsischer Fürsten und Fürstinnen geschmückt ist, wurde
von Italienern ausgeführt. Das Ganze ist so imposant, dass es sogar
den lustigen Hans von Sehweinichen zu einer Notiz in seinem
Tagebuehe veranlasste. Nicht minder prachtvoll, aber mehr auf
selbständige Plastik berechnet, ist das Grabmonument des Kaisers
Max in der Hofkirche zu Innsbruck, dessen Ausführung seit
1509 bis in die siebziger Jahre gewahrt hat- Das letzte grosse
Denkmal, welches in diese Epoche fällt, ist das Monument für
Kaiser Ludwig in der Frauenkirehe zu München, 1622 voll-
endet. Als vereinzeltes rein kirchliches Werk sei hier schliesslich
noch des grossen in Sandstein ausgeführten Tabernakels inder
Kirche zu Weil der Stadt gedacht, inschriftlich von Görg
ßliler (Müller) aus Stuttgart 1611 ausgeführt: ein Werk von
stattlicher Anlage und noch ziemlich maassvoller Formbehand-
lung, nur im Figürlichen stark manierirt im Stile der Nachfolger
Michelangelds.
III.
Kapitel.
Die
Renaissance
in
den
Kunstgewerb en.
Noch grössere Bedeutung als in den bildenden Künsten ge-
winnt der neue Stil in dem weiten Gebiete des Kunsthandwerks,
ja man darf sagen, dass hier die deutsche Renaissance eine
Fülle und Lebenskraft erreicht hat, welche die der übrigen Länder
übertrifft. Was zur Ausstattung der Wohnräume, was im engem
und wcitern Sinne zum Kostüm gehört, erfreute sich in Deutsch-
land einer um so lebendigeren Pflege, als hier der Sinn für
häusliches Behagen vorzugsweise ausgebildet war, von der Lebens-
lust und Prachtliebe der Zeit aber zur höchsten Ueppig-laeit ge-
bracht wurde. Jede Art von technischer Kunstfertigkcit hatte
aus dem Mittelalter eine gediegene Tradition an Handgesehick
crerbt, die nun erst durch den Einfluss der Renaissance zur vollen
Virtuosität sich steigerte. Dass die grossen Meister der Kunst,
ein Dürer, Holbein und Andere es nicht verschniäliten, dem
Kunstgewerbe Vorbilder zu schaffen, haben wir schon gesehen.
S0 wurde die glänzende Formenwelt der Renaissance in diese
Kreise hinübergeleitet. Allerdings bedurfte- es auch hier einer
längeren Uebergangszeit, denn Nichts haftet so zähe am Her-
gebrachten, Altüberlieferten als das Handwerk. Deshalb wirken