Kap
Die Formenbehandlung
der Frührenaissance.
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andere Städte gingen über Venedig. 1 Es bildete sich bei den
vornehmen Venezianern eine Steinkennerschaft aus. Die sonst so
kunstsinnigen venezianischen Gesandten bei Hadrian VI. (1528)
kamen doch in die grösste Ekstase beim Anblicke von Porphyr,
Serpentin und andern römischen Prachtsteinen. 2 An Kenner
dieser Art dachte vielleicht Serlio bei seinem PIOjGClZ einer mit
bunten Incrustationsfragmenten zu verzierenden Loggia. 3
Im_ damaligen Rom ist die Incrustation an Bauten, zumal
profanen, schon eine fast unerhörte Ausnahme und nur bei einem
nahen päpstlichen Verwandten möglich. Lettere pittoriche I. 33,
über einen, incrustirten Palasthof des Lorcnzo Medici. Die Fund-
stücke von Porphyr, Serpentin, Giallo, Paonazetto, Breccien etc.
aus den Ruinen wurden sonst bereits für den Schmuck von Al-
tären u. dgl. aufgehoben, und Pernzzi brauchte 1532 eine Spe-
cialerlaubniss, um nur vier Saumthierlasten von dergleichen nach
Siena bringen zu dürfen, für den Hochaltar des Domes. 4
Florenz hatte die Incrustation gehabt und sie überwunden; Al-
berti, Welcher 5 die Technik angibt, hatte sie an der Facade von
S. M. novella angewandt, nur weil schon das XIII. Jahrhundert
unten damit begonnen hatte.
In Venedig wollte sich sogar die Vergoldung, im Innern der
Paläste viel gebraucht, auch der Facaden bemächtigen; nur ein
Staatsverbot verhinderte es. 6 Comines fand 1494 am Dogen-
palast wenigstens den Rand der Steine zollbreit vergoldet. 7
Flüchtige Vergoldung einzelner Bautheile bei Festen kommt auch
sonst vor, z. B. an Fenstern, Consolen und Oberschwellen bei einer
fürstlichen Hochzeit zu Bologna, Ende des XV. Jahrhundertsß an
Säulen, Simsen und Pforten des Pal. Medici in Florenz 1536
beim Empfang Carls V. 9 Das schönste Privathaus von Ferrara
war 1442 ntutta mettudagr d. h. nmessa ad oro di ducatoß
doch wohl nur im Innern. 10 An und für sich War manche
Incrustavtion so theuer als eine ganz solide Vergoldung und das
Verbot der letztern hatte wohl nur den Zweck, den Neid gegen
Venedig nicht zu steigern.
ä. 43.
der Incrustation zu den
Verhältniss
Formen.
Zll
Die Incrustation neigt sich unvermeidlich dem Decorativen
auf Kosten des Architektonischen. Der Styl der Frührenais-
1 S. G e cartegvio I p. 176, für S.Petrpnio in Bologna im J: 145Q.
2 Tomaso (2213, TGIQZIOIJII äaä. I, p. 104, s. g-SIIIIYII, p1.10b.L-II4 Nixlfxrxeäx III,
yh VIII, chap. 15„ oder nach anderer Zähluqg Charlgs VIII, chap. 21, vgl.
g 162, 8 Beroaldi orationes, fol. 27, Iiuptnae BTBIIÜYOIOTIIIII. 9 Lettere
pittoriche III, 12. 10 Diario ferran, bex Blurat ÄÄIY, C01. 199. I