Kap
Die
der
Formenbehandlung
F rührenaissance.
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facatlen. In jeder der drei Richtungen verlangt insbesondere die
Frage der Gesimse, zumal des obersten Kranzgesimses eine eigene
Lösung. Es ist eine Sache des feinsten Tactes, die Gesimse,
welche sich nicht in Flachdarstellung umsetzen lassen, wie die
zum Pilaster umgedeutete Säule, richtig zu (len Pilastern und
zugleich zum Ganzen zu stimmen.
Für das Kranzgesimse tritt die Frage ein: ob es mehr ein
Gesimse des obersten Stockwerkes oder des ganzen Gebäudes
sei? Ferner kommt eine allgemeine Voraussetzung in Betracht,
welche während der ganzen guten Bauperiode herrschte: dass
das Kranzgesimse eins sein müsse und keine Unterbrechung ver-
trage. Principielle Aussage hierüber bei Serlio L. IV, fol. 178
und zivar mit Berufung auf Bramante. Ausserdem verlangen in
die allgemeine Harmonie verschmolzen zu werden: die Wucht
des Sockels, die Massigkeit des Erdgeschosses, die Nuancirung der
Fenster nach Stockwerken u. A. m.; namentlich bedingen sich
Fenster und Pilaster in hohem Grade. Aus diesem und andern
Elementen entsteht ein Scheinorganismus, der im Detail aus dem
Alterthum entlehnt, in deriCombination völlig neu ist undhöchst
wahrscheinlich als der bestmögliche Ausdruck für den Rhythmus
der Massen, für die Architektur den Proportionen betrachtet
werden (larf. Gemäss dem Character der Zeit, welcher das Indi-
viduelle auf das Höchste entwickelte, olfenhart sich auch hier
eine freie Vielgestaltigkeit, "aber eine gesetzliche, von aller Phan-
tastik entfernte.
Die
g. 39.
Rusticafagade von Florenz und
Siena.
Der fiorentinische Burgenbau .aus Quadern wird von jeher
die Vorderseite derselben roh gelassen haben; es genügte die
genaue und scharfe Arbeit an den Kanten. Als die Burgen zu
Palästen wurden, behielt man diese s. g. Rustica bei, und das
Gebäude war damit als ein adeliges oder öffentliches bezeichnet.
Mit der .Zeit gesellte sich hiezu Absicht und künstlerisches Be-
wusstsein und so wurde der florentinische Palast ein gewaltiges
Steinhaus, dessen {Eindruck auf Wenigkeit und Mächtigkeit der
einzelnen Elemente beruht. -
(Die stolze Festigkeit dieser Fagaden und ihre Wirkung auf
die Phantasie. Ihre Vornehmheit: mion esser cosa ClVllBß vgl.
9, bei Anlass des Pal. Strozzi.)
Nach einer Rechtfertigung aus unfertigen, irrig für vollendet
gehaltenen Römer-bauten (Porta maggiore in Rom, Amphitheater
von Pola und Verona etc.) sah sich erst das XVI. Jahrhundert
um; die Friihrenaissance behandelte die Rustica ohne alle küm-
merliche Rücksicht auf Rom als Hauptausdrucksmittel des mäch-