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Buch.
Renaissance in Italien.
Architektur.
O
wurde die Halbsiiulenordnung auch für Fagaden angewendet; erst
mit Rafael und dann besonders um 1550 mit Alessi und Palladio
mehren sich die Beispiele. Vgl. Q. 54.
Die erste Kirchenfagade mit frei vertretenden Säulen wäre
(erst 1514) diejenige von S. Lorenzo in Florenz nach dem Pläne
Michelängelds geworden; (die schon sehr weit gediehenen V 01'-
bereitungen dazu Väsäri I. ,p. 106, Introduzioilei). Die vortre-
tenden Säulen neben oberitälischen Kirchenportztlen zählen nicht,
weil sie nur Umdeutungexi eines mittelalterlichen Motives sind
und keine Ordnung bilden.
Der
Pilaster
Kranzgesimse.
das
und
Wie für die Pfeilerhöfe die untern Stockwerke der römischen
Schaubauten, so wurde für die Facaden das oberste Stockwerk
jener zum einflussreichen Vorbilde. Vom Obergeschoss des Co-
losseums hauptsächlich stammen die Pilasterordnungen.
Der römische Pilaster, eine in Flachdarstellung übertragene
Säule-(was die griechische Ante nicht war) hatte vertretende
Säulen accompagniren helfen, sich zu jedem Mauerabschluss, zur
Ecke hergegeben, auch wohl die Halbsäule oder vertretende
Säule schlechthin ersetzt (z. B. an Prachtthoren). Reihenweise
hatten ihn die Römer an jenen Schaubauten angewandt, um,
nach Abschluss der untern Hallenstockwerke mit Halbsäulen, das
Auge über die geschlossene Wandmasse des obersten Stockwerkes
aufwärts zu leiten und letzterer ihre Schwere zu benehmen.
Amphitheater in der Provinz (Pola, Nimes) hatten auch wohl
Pilaster von unten auf. Ausser dem Colosseum kommt auch
das Amphitheatrum castrense in Betracht, dessen obere Ordnung
damals laut alten Abbildungen viel besser erhalten war. Endlich
hatte auch das Mittelalter (und nicht bloss in Italien) die Ge-
wöhnung an jede Art vertikaler Wandgliederung durch Mauer-
streifen wach erhalten.
Die Renaissance verwandte nun den Pilaster o11ne alles Be-
denken und massenhaft; sie schätzte ihn schon als Repräsentan-
ten ihrer geliebten Saule. (Unbegreiflich die Verirrung Palla-
dio's, der bisweilen auch Schwellung und Verjüngung von der
Säule auf den Pilaster übertrug.)
Der Pilaster wird der Ausdruck des Strebenden und Ueber-
leitenden. Sein Einfluss auf die Stockwerkhöhen ist viel geringer
als der der letztem auf ihn. Alberti erwähnt (L. VI, c. 12) den
Pilaster, aber nicht die Pilasterordnung, die er doch anwandte.
Der Pilastei- tritt in verschiedene Verhältnisse zu der tosca-
nischen Rustica, der venezianischen Incrustation und dem ober-
italienischen Backsteinbau, sowohl an Kirchen als an Palast-