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Buch.
Renaissance in Italien.
Architektur.
den geometrischen und cubischen Verhältnissen. Alberti beruft
sich daher nicht auf Triebkräfte, die im Einzelnen ausgedrückt
sein müssten, sondern auf das Bild, welches der Bau gewährt
und auf das Auge, das dieses Bild betrachtet und geniesst. In
der genannten Jugendschrift della pittura (op. volgari IV, p. 41)
leitet er sogar die Baukunst von einer präexistirenden Malerei
ab: der Baumeister habe erst von dem Maler seine Säulen und
Gebälke gelernt; die stärkste Aussage für den malerischen
Standpunkt der Frührenaissance gegenüber den Bauformen.
Im Hauptzweck: das Gesetz der Abwechslung, des anmuthigen
Contrastes 286) in Verbindung mit der Symmetrie (Varietät
und parilita delle cose); in Betracht der Abwechslung geht er
sehr weit, vielleicht im Hinblick auf römische Kaiserthermen,
Paläste etc. Es soll z. B. nicht Eine Linie das Ganze beherrschen,
da gewisse Theile schöner erscheinen, wenn sie gross, andere,
wenn sie klein gebildet sind, die einen, wenn sie in geraden, die
andern, wenn sie in geschwungenen Linien laufen u. s. w. Von
der Schönheit der Säule ist A. wie die spätern Theoretiker (z. B.
Serlio p. 98) bis zum lauten Enthusiasmus durchdrungen. Die
Hauptschilderung einer treiflichen Composition im VI. Buche,
vorwiegend eher negativ; _am Ende: nomnia ad certos angulos
paribus lineis adaeqnandas, was verschiedene Deutungen zulässt.
Sehr bedeutend ist seine "ästhetische Festsetzung der cubischen
Verhältnisse der Innenräume. (Vgl. ä. 89.)
Sein Versuch einer allgemeinen Bauästhetik im IX. Buch,
getrübt durch Einmischung älterer Definitionen, doch nicht
unwichtig. Sein höchster Ausdruck: concinnitas, d. h. wohl das
völlig Harmonische. Das Grundgefühl, welches das Schlussurtheil
über einen Bau spricht, Will er nicht genauer untersuchen, er
nennt es ein unergründliches Etwas sQuippiamgi quod quale
ipsum sit, non requiro. Doch hatte er sich (VI, c. 4) sehr gegen
die Ignoranten verwahrt, die da meinten, das Urtheil über Bau-
schönheit beruhe nur auf einer nsoluta et vaga opinios und die
Bauformen seien gesetzlos und wandelbar, wie es Jedem beliebe.
Die Nachfolger bis
auf Serlio.
Die nächsten Theoretiker nach lälbgrti scheinen, soweit sich
urtheilen lässt, ihn benützt zu haben. Aufzeichnungen über
Mechanik und Construction, über Wasserbauten und den mathe-
matischen Theil der Kunst überhaupt mehren sich gegen Ende
des XV. Jahrhunderts. Später absorbirt eine Zeit lang die Bear-
beitung des Vitruv (ä. 28) diese Kräfte, worauf wiederum grosse
neue Sammelwerke sowohl als Bauencyclopädieen entstehen.