Volltext: Geschichte der Renaissance in Italien (Bd. 4)

KaP- 
Vitruv. 
der antiken Bauten und des 
Studium 
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Textes, die schwierige Auslegung und die Mangelhaftigkeit, da er 
z. B. keine Lehre vom Gewölbebau (oder nur vom falschen, VII. 3) 
enthält. Alberti, de re aediiicatoria benützt ihn ohne ihm irgend 
eine Ehre anzuthun und iiberbietet ihn sehr an Vielseitigkeit. 
Francesco di Giorgio, der (um 1480?) zuerst die Ruinen mit 
Vitruv verglich  26A), und in seinem Tractat die Säulenord- 
nungen nach Vitruv behandelte, fügte doch ein Wort bei, wel- 
ches fiir die ganze Renaissance galt: seine Regeln seien mühsam 
aus den Alten gezogen, die Compositionen aber, welche er mittheilt, 
sein Eigenthum. Die Renaissance hat das Alterthum nie anders, 
denn als Ausdrucksmittel für ihre eigenen Bauideen behandelt. 
Francesco und sein damaliger Herr, Federigo von Urbino, 
beriethen alle Gelehrten über die Erklärung Vitruws. Die erste 
Ausgabe 1511 war die des Fra Giocondo, Welcher damit bis in 
sein hohes Alter gewartet hatte; Vasari IX, p. 158, s. und Nota 
v. di Giocondo, wo auch seine übrigen archäologischen Arbeiten 
verzeichnet sind. 
Rafael schrieb 1514 oder 1515 in einem unbezweifelten Briefe: 
vlch möchte gerne die schönen Formen der antiken Gebäude wie- 
der linden, weiss aber nicht, 0b mein Flug nicht ein Icarus-Flug, 
sein wird; Vitruv gibt mir viel Licht, aber nicht so viel als ge- 
nug wäreat 1  In seiner letzten Zeit hatte er eine freie Ansicht 
gewonnen und vertheidigte und widerlegte den Vitruv mit Grün- 
den, im liebenswürdigsten Eifer. 2  Baldassar Peruzzi entwarf 
den Dom von Carpi miach Vitruv's Regelnu und zeichnete noch 
1527 fortlaufende Illustrationen zu diesem Autor. 3  Höchst 
fanatisch redet Serlio in seiner Architettura. 4 Das hochheilige 
und unantastbare Buch hat immer Recht, auch gegen Römerbau- 
ten; diese sind nach Vitruv zu beurtheilen; die ihm Zuwiderhan- 
delnden sind Ketzer etc. Am Schluss des III. Buches die Auf- 
zählung aller eifrigen Vitruvianer. 
Die sich allgemach ansammelnde Vitruvliteratur musste sich 
der italienischen Sprache bedienen, weil lateinische Erklärungen 
die Sache nur noch mehr erschwert hätten. Uebersetzungen des 
Vitruv mit Erklärungen und meist auch mit Abbildungen: Gesa- 
riani 1521, Vasari VII, p. 126 v. di Bramante mit der stark 
berichtigenden Nota;  Fabio Calvi, Manuscript in München, 
Vasari VIII, p. 56, Nota.  Caporali 1536, Vasari VI, p. 57 
NOIJH, 58 Nota. v. di Perngino; ebenda p. 145 Nota, v. di Sig- 
norelli.  Daniele Barbaro 1567, unter den Spätern die berühm- 
teste; manche richtige und geistreiche Idee findet sich hier zuerst, 
1 Letztere pittoriche _I, 52; II, 5.  2 Coel. Calcagnini opera, ed. Basil. 
1544, p. 101.  3 Vasarl VIII, p. 226, vgl. 231, v. dl Peruzzi.  4 Ed_Venez, 
in 4, 1584, p. 69, 99, 112, 159 b, wozu aus der venez. Folioausgabe 1544 die 
Stelle S. 155 nachzutragen ist. 
	        
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