Volltext: Geschichte der Renaissance in Italien (Bd. 4)

Studien 
des 
XVI. Jahrhunderts. 
Mit dem XVI. Jahrhundert steigt der Eifer auf das Höchste; 
es geschieht ein Versuch zu vollständiger idealer Restauration 
des alten Rom, in Verbindung mit Aufnahmen in allen Gegen- 
den. Die Abnahme dieses Strebens trifft zusammen mit dem 
neuen activen Bautrieb der Gegenreformation (ä. 10). Keinem 
Architecten war das eigene Messen erspart, was auf ihre Kunst- 
übung den grössten Einfluss hatte; spät und unvollständig mel- 
den sich die Abbildungswerke. 
Bramante in Rom unter Alexander VI. (um 1501), schon 
bejahrt, neinsam und gedankenvollu, treibt seine Studien bis 
Neapell In Florenz Aufnahmen von ihm, einiges mit genauer 
Maassangabe. Nach Lomazzoz wies er besonders die verschie- 
denen Behandlungsweisen an den römischen Bauten, d. h. die 
wahre Freiheit innerhalb des Normalen durch genaue Vermessung 
nach, und der ihm ebenbürtige Peruzzi theilte diess Streben. 
Auch Rafael erweist sich als wahren Menschen der Renais- 
sance, indem er von der kostbaren Zeit seiner letzten Jahre einen 
Theil dem alten Rom widmet. Hiebei ist zu unterscheiden wie folgt: 
1. In den ersten Jahren Leo's X. sollten Ausgrabungen und 
Aufnahmen zu einer officiellen Sache werden. Der berühmte Brief 
von 1514 oder 1515, mag er von Castiglione, Rafael oder sonst 
einem Beauftragten herrühren (ä. 22), beklagt die Zerstörungen, 
schreibt sie nicht bloss den Barbaren sondern auch den Päpsten 
zu, beschwört Leo um Schutz für das noch Vorhandene, mahnt 
ihn zu eigenen römerwürdigen Bauten und stellt dann als Ziel 
die Restauration auf, mach den Resten, die man heute noch 
sieht, mit den Gebäuden, von welchen noch so viel erhalten ist, 
dass man sie infallibilmente so restauriren kann, wie sie gewesen 
sein müssenß Es folgt eine Andeutung über einen hiefür wich- 
tigen spätantiken Autor (wahrscheinlich ein Regionenbuch); end- 
lich wird die Methode des Aufnehmens festgestellt und zum ersten 
Mal _Plan, Aufriss und Durchschnitt gesondert verlangt. Es ist 
möglich, dass Rafael an diesem Brief und damals noch an der 
ganzen Sache gar keinen Antheil hatte, obwohl er sich bereits 
mit Vitruv beschäftigte. (ä. 28.) 
2. Wahrscheinlich war die Angelegenheit ins Stocken gerathen, 
obwohl das Ernennungsbreve Rafaels zum Director der Alterthü- 
mer und Ausgrabungen bereits vom 27. Aug. 1516 datirt ist. Sie 
wurde aber nach einigen Jahren auf einmal rasch unter Rafaels 
V11, 
1 Vasari 
p. 410. 
1297 
134. 
Nota.  
di Bramante. 
Tratt. 
delP 
arte,
	        
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