KßP
III.
Die
Protorenaissance und
Y
Gothische.
das
31
mit Details haben wollte genau wie an einem bestimmten altern
Gebäude. 1
Ausserdem wurde unfreiwillig gothisch weitergebaut an un-
vollendeten Kirchen, und Architekten ersten Ranges versetzten
sich so objectiv als sie es vermochten, in einen für sie widrigen
Styl zurück.
In Frankreich, welches von den gothischen Durchschnitts-
typen einen gewaltigen Vorrath besass, war es 1601 bis 1790
viel leichter, die Kathedrale von Orleans gothisch zu bauen,
(Kugler, Geschichte der Baukunst 111, S. 114 ff.) da man nicht
innerhalb des Gothischen selbst anarchisch herumgeworfen wurde,
wie in Italien.
Für S. Petronio zu Bologna verzichtete man zwar auf die rie-
sige Anlage von Querschilf, Kuppel und Chor, allein die gothisch
angefangene Facade war ein Gegenstand täglicher Parteiung.
Der hart angegriffene Baumeister Ariguzzi klagt 1514: tLeute
von jeder Art, Priester, Mönche, Handwerker, Bauern; Schul-
meister, Waibel. Geschirrmacher, Spindelmacher, Facchine und
selbst Wasserträger thun sich als Baukünstler auf und sagen ihre
Meinung Aber noch ist keiner auf den Kampfplatz getreten
mit Modellen oder Zeichnungen, deren ich mit Sehnsucht ge-
wärtig binß 2 In der Folge blieb die Facade unvollendet, vielleicht
weniger wegen mangelnder Mittel, als weil man zwischen einer
wachsenden Menge von Entwürfen (alhnalig bei dreissig, jetzt im
Bauarehiv der Kirche) in der That nicht mehr zu einem Ent-
schlusse kommen konnte; dairuntei- zwei gothische Projecte von Bal-
dassar Peruzzi (der auch noch Zeichnungen für den Kuppelausbau
lieferte) und von GlIIllO llomanoß (Yergl. 18 über Sienai.)
Die wichtigste Leistung dieser Art ist die Kuppel des Do-
mes zu Mailand, ein Weihegeschenk des Renaissance-Humors
am Grabe der verblichenen Gothik, welche einer solchen Lösung
kaum fähig gewesen wäre. Nach vielen vergeblichen Entwürfen
und nach Bauanfängen, die man wieder abreissen musste, erbaut
seit 1490 zufolge dem Plane des eigens nach Mailand berufenen
Francesco di Giorgio mit Hiilfe des Omodeo und des Dolcebuonoß
Wir nehmen an, dass auch die geistreiche und prächtige äussere
Bekrönung der Kuppel in der Folge nach Francescds" Entwurf
ausgeführt sei. Der Anonymus des Morelli sah sie um 1525 noch
unvollendet, als sie sogar von einer Umgestaltung im modernen
Styl bedroht war; der nDeutsches aber, dem man wunderlicher
Weise das schon dazu gefertigte Modell übergab, nverloru dasselbe
fs. ß Vgl.
p. 225, Nota,
III, p. 85;
1 Milanesi. II, p. 303, ss. 2 _Gaye, carteggio, II, p. 140.
Gaye, carteggio, II, p. 152; M1lanes1 III, p. 311; Vasari, VIII,
v. di Peruzzi. 4 Gaye, carteggio, I, p. 289; Letter-e Sanesi,
Milanesi, II, p. 429-439.