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Buch.
in Italien.
Renaissance
Architektur.
und italienischen Spitzbogenstyl unterscheidet und erstern wponen-
tinoe nennt. (Bei Anlass des Hintergrundes eines flandrischen
Madonnenbildchens.)
Die Confusion stieg auf das Höchste, als auf einem weitern
Gebiete, dem der Cultur überhaupt, sich der Ausdruck ngOthiSClN
festsetzte und von da aus auch in die Baugeschichte eindrang.
Die Gothen als Zerstörer der edeln Literatur. ihre Zeiten
Jahrhunderte des Unglücks (Ilabelais, Pantagruel II. e. 8 und
im Prolog des V. Buches.) Dieselbe Ansicht Inasslos erwei-
tert um 1550 bei Scardeonius; 1 unverzeihlich. wenn man erwägt,
dass schon 1533 Cassiodofs Briefsainmlung gedruckt war, aus
welcher man den grossen Ostgothen Theodorich anders kennen
lernen konnte. Das Entscheidende für Uebertragung des Aus-
drucks auf das Kunstgebiet that dann Vasari in den heftigen
Stellen I. p. 121, s., 201, 203 ss., Proernio und Introduzione und
III, p. 194. v. di Brunellesco. Nach einer langen und höhnischen
Schilderung des Styles des XIV. Jahrhunderts heisst es: diese
Manier wurde von den Gothen erfunden etc.
Sein Hass war gross. Das Schlimmste, was er von Bauten
gewisser Zeitgenossen sagt, ist: nschlechter als die Deutschennr
(Womit zu vgl. X, p. 17. v. di Ant. Sangallo, wo dessen Modell
von S. Peter kritisirt wird. 2) Ihm redet nach Franeesco Sanso-
vino, 3 der das Eindringen des vermeintlichen Gothenstyles in
Venedig bejammert und nur zaghaft entschuldigt. Mit der Zeit
bestärkte dann Einer den Andern in der Erbitterung gegen die
gestürzte Grösse.
Das
ä. 23.
Gothische zur Zeit
der
Renaissance.
Der gothisclie Styl arbeitete eine Zeitlang in gewissen Ge-
genden noch neben der Renaissance freiwillig weiter, obwohl
müde und im Ganzen ohne die heitere decorative Ausalrtung der
späten nordischen Gothik. In Venedig 1457 der Chorbau von
S. Zaccaria: in Bologna 1440 S. Giovanni in inonte neu ge-
baut nnach dem Vorbilde von S. Petronioqvi die Annunziata
ebenda, nach 148.0, vielleicht der späteste freiwillig gothische
Bau Italiens; in Mailand: die Incoronata, unter Franc. Sforza
erbaut; in Siena 1459 zwischen den herrlichen Palästen der
Frührenaissance ein gbothiscvher- neu verdungen, vielleicht durch
Wunderlichkeit des Bauherrn Nanni Ma-rsigli, der eine Facade
1 De urbis Patav. antiquitate, in Graevii thesaur. VI, III, 19.259, 295.
2 Wie Vasari schon frühe (1544) mit einem spitzbogigen Klosterrefectorium
umging, s. I, p. 23, in seiner Selbstbiographie. 3 Venezia, bes. fol. 140.
Vgl. fol. 17, 144. 4 Vgl. Bursellis, ann. Bonon. bei Murat. XXIII, C01. 894.