Volltext: Geschichte der Renaissance in Italien (Bd. 4)

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Buch. 
Renaissance in 
Italien. 
Architektur. 
Im Longitudinalbztu aber wird das eben übernommene co11- 
structive Programm sofort nach allen Seiten hin verändert, ja 
völlig gesprengt und weite Spannungen, geringe Za.l1l von Stützen, 
oblonge Eintheilung der Nebenschilfe, geringe Höhe der Ober- 
mauern des Mittelschiffes treten an die Stelle des unbedingten 
Hochbaues, der Vielheit der Stützen, des hohen Mittelschitfes 
und der "quadratischen, Eintheilung der Nebenschiffe. Statt der 
Entivickelung der Form nach oben wird die Schönheit der Räume. 
Flächen und Massen das Ziel der italienischen Gothik und dann 
der italienischen Architektur überhaupt. 
Schon Jacopo Tedesco stellt mit dem Dom von Arezzo die 
Grundzüge fest. Das sichtbare Gerüstwesen der nordischen G0- 
thik. Strebepfeiler und Strebebogen etc. wird hier kaum ange- 
deutet, ja eher versteckt und damit ein Hauptanlass zur Ent- 
wickelung des Details abgeschnitten. Ueber den breiten Mauer- 
theilen hätten die Spitzgiebel, über den kaum vertretenden Strebe- 
pfeilern die Pyramiden keinen Sinn mehr; statt ersterer starke 
horizontale Kranzgesimse, statt letzterer Statuen, auch Thiere. 
Auf den Dom von Florenz sollten gigantische Heilige  201) 
zu stehen kommen. 1 auf die Ecken des Signorenpalastes kamen 
vergoldete Löwen? Freilich auch auf Spitzthiirmchen an vor- 
hierrschend nordisch-gothischen Bauten, z. B. am Dom zu Mai- 
land, war man der Statuen statt der Kreuzblumen gewohnt. Im 
Innern wurde der nordische Biindelpfeilei- und das ganze Gurt- 
wesen der Gewölbe völlig umgestaltet. 
Der Kuppelbau, als stärkster Ausdruck politisch-Inonumen- 
talen Hochgefühls, versuchte sich in riesigen Dimensionen und 
machte eine grosse Vorschule durch, allerdings jetzt in Verbin- 
dung mit dem Langschiff, nicht für sich allein. Als höchste Po- 
tenz, welche die Architektur kennt. machte er die lllitherrschaft 
des Thurmbaues unmöglich, so dass die Facaden frei und für 
jede Art von Schmuck zur Verfügung blieben. 
Arnolfo muss sich über den Ausbau der Kuppel des neuen 
Domes von Florenz genaue Rechenschaft gegeben haben, da er 
1310 ein Modell hinterliess. Brunellescoi hatte an demselben 
nur zu tadeln, dass es ein vom Boden aus zu errichtendes Gerüst 
voraussetze, was er bei seinem Projecte bekanntlich vermied. 
Der Thnrm bleibt getrennt oder wird bloss an die Kirche ange- 
lehnt. Eine so ernste Concurrenz wie am Florentiner Dom wird 
ihm sonst nirgends mehr gegönnt. Die Facade. wegen hoher 
Ansprüche (Siena, Orvieto) zu häufig im Rohbau gelassen, hat 
wie in der vorhergehenden Epoche den Charakter einer vorge- 
setzten Prachtdecoration. 
Gaye, carteggio, II, p. 454, s.. 466. 
 " S. dessen vita anon, ed Moreni 
1 S. die Urkunden 
135, v. di Orcagna. 
167 
Vasari,
	        
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