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Buch.
Renaissance in Italien.
Architektur.
meisseln oder von der Perspectivik aus zu Architekten wurden.
(Diese im Ganzen der Sinn.)
Giulio Romano bildete sich zum Architekten über der Aus-
führung der baulichen Hintergründe in Rafaells vaticanischen
Fresken. 1 Ueber die gewaltige Lücke, welche durch Giulio's
Tod 1546 im mantuanischen Kunstleben entstand, s. den schönen
Brief des Cardinals Ercole Gonzaga bei Gaye. 2 Ein ganz
besonders glänzendes Beispiel von Vielseitigkeit bietet 3 das Leben
des Girol. Genga dar, welcher von der Malerei beginnend, sich
aller wesentlichen Zweige der Kunst bemächtigte. Dass Bildhauer,
nmüde von den Schwierigkeiten ihrer Kunstw oft Baumeister
wurden, sagt Donif wahrscheinlich nicht ohne Spott. Vielleicht
zogen die Bildhauer, wenn sie älter wurden, einfach das solidere
Geschäft vor, wie z. B. Tribolo.
Besonders nahe war die Verwandtschaft des Architekten mit"
dem Legnaiuolo in den beiden Bedeutungen dieses Namens: Zim-
mermeister sowohl, als Holzschnitzer und Meister in eingelegter
Arbeit (Intarsia); beides letztere konnte auch wieder in einer
Person vereinigt sein. Die beiden da Majano z. B. begannen als
Holzdecoratoren. 5 Ebenso Cronacaß Ein trefflicher dorischer
Klosterhof bei S. Pietro in Cremona ist oder war von dem Intar-
siator Filippo del Sacca erbaut."' Es gab jedoch auch Unberu-
fene dieser Art. Eine ganze Anzahl von berühmten Meistern
jedes Faches begannen als Goldschmiede, z. B. Brunellesco.
In Venedig, wo es sich oft um kostbare, schwer zu bearbeitende
Steinarten handelte, blieb während des ganzen XV. Jahrhunderts
der Name Steinhauer. tagiapiera (tagliapietra) genügend ehren-
voll für die Architekten. 8 Endlich empfahlen sich die Architekten
den Mächtigen oft vorzüglich als Festungsbaumeister" und In-
genieurs (ä. 108 H.) mehr denn als Künstler.
Bei Rafael und Michelangelo war die Baukunst das Späteste;
Lionardo aber war von Anfang an ein Tausendkünstler und seine
Bestimmung mag ihm selber ein Rathsel geblieben sein. In
auffallendem Gegensatz dazu waren Tizian und Coreggio nur Maler.
Während die Macht des künstlerischen Individluums seit
Nicolo Pisano und schon vor ihm alle Schranken zwischen "den
Künsten niederreisst, halt die zünftische Einrichtung sie auf ihre
Weise wieder aufrecht, doch nicht ohne Zugeständnisse. Vgl. bei
Milanesi 1,- pag. 122 das merkwürdige Abkommen zwischen den
sienesischen Architekten und Holzarbeitern 1447, worin sie ein-
ander gegenseitige Eingriffe erlauben.
1 Vasari X, p. 89, v. di Giulio. 2 Carteggiü III. P- 591-
p. 86, ss. 4 Disegno, fol. 14, vgl. fol. 34. Yasar; II
p, 128. 6 Vasari VIII, p. 116, v. di Cronaca. ' Anmlln"
8 Malipieru, annali veneti, arch. stor. VII, U, p. 674, 689-
3' Vasari XI,
p. 1, und V,
di Morelli.