Kapitel.
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Ursprung
und
Ausdehnung.
Von der gemalten Decoration ist ein Hauptzweig, die Facaden-
malerei, nur durch verhältnissmässig wenige und für die Her-
stellung des Ganzen unzureichende Reste vertreten, nachdem sie
einst die Physiognomie ganzer Städte wesentlich hatte bestimmen
helfen.
Ihr Ursprung ist in den Madonnen und andern heiligen Dar-
stellungen zu suchen, mit Welchen man im Süden von jeher die
Mauern geschmückt haben wird. (Sehr- alte in Assisi, Perugia
etc, Einzelnes aus dem XIV. Jahrhundert, wie z. B. eine Madonna
mit Heiligen und blumenbringenden Engeln, von Stefano da Zevio,
in Verona). Den Rest der Fagade schmückte man etwa mit einem
Teppichmuster.
Im XV. Jahrhundert neben wachsender Fertigkeit im soliden
Freskomalen und in der Perspectivik regt sich die Lust an den
Zierformen des neuen Baustyles und das Bedürfniss, dieselben
gerade dann in vollem Reichthum an den Fagaden walten zu
lassen, wenn die Mittel nicht ausreichten für Rustica oder Incru-
station oder reichere plastische Ausbildung der Bauformen über-
haupt, auch wenn man über Symmetrie und Proportionen nicht
verfügen konnte. Selbst der geringsten Mauer vermochte man
jetzt einen hohen Werth zu geben. Dazu die Sinnesweise der
Besteller, welche die bunte Fagade so wenig scheuten, als die
bunte Kleidung; beim Gedanken an die Vergänglichkeit verliess
sich jene kräftige Kunstzeit ohne Zweifelüdarauf, dass die Nach-
kommen eben so Treffliches würden hinmalen lassen, und urtheilte,
dass man geniessen müsse was der Genius der Zeit biete.
Die Künstler aber, darunter einige der grössten, ergriffen
ohne allen Rückhalt den Anlass, monumental, mit grosser Frei-
heit in der Wahl und Auffassung der Gegenstände, für den täg-
lichen Anblick einer ganzen Bevölkerung malen zu dürfen. Was
sie 'l'relfliches schufen, war lauterer, stets gegenwärtiger Ruhm.
Dieser Kunstzweig schwang sich empor zu einer ernsthaften Con-
currenz mit der reinen Architektur, nachdem er Anfangs wohl
nur als ökonomisches Surrogat derselben gegolten hatte. In
Venedig wird es um 1550 zugestanden: nmolto piü dilettano (a)