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Buch.
Renaissance in Italien.
Decoration.
quanquam satyriscis, hydris, chimaeris, monstris denique, quae
nusquam unquam viderint, fingendis (es sind die figürlichen Be-
standtheile der Arabesken und diese überhaupt gemeint) ita prae-
occupantur, ut nihil praeterea reliquum esse videatur. Dii
Deaeque omnes! neminem unum esse qui, quo sibi proiicisoendum
sit, videat! qui ad ünem respiciatlu etc.
' Von der starken Uebertreibung abgesehen, hat in der That
das einfassende, einrahmende Element einen Grad der Entwick-
lung erreicht und Mittel in Anspruch genommen, wie in keiner
andern Kunstepoche, und doch nicht so, dass man diess unge-
schehen wünschen möchte; das Verhältniss zu dem Eingefassten,
mag es Sculptur oder Malerei betreifen, ist ein consequentes und
in sich harmonisches.
Auf keinem andern Gebiete der Kunst
und der Cultur überhaupt zeigt sich die
3„ Renaissance dem romischGi Alterthuin
l so völlig geistesverwandt, als hier. Sie
bildet an dem [Teberlieferten ganz unbe-
fangen weiter, als wäre es ihr Eigenthum,
combinirt es immer von Neuem und
erreicht stellenweise die höchste Schön-
heit; (Schon die Cosmaten (ä. 16) sind
in ihren Decorationsarbeiten wahre Vor-
läufer der Renaissance.
Das gothische Detail muss die Italiener
mtltjipxx des XIV. Jahrhunderts in der Decoration
noch mehr unglücklich gemacht haben,
pi i: als in der Architektur; umsonst hatten
sie es mit römischen Horizontalen und
Wg 125. {Eusserbeckerl im Gesimsen, mit antikem Laubvverk _u. s. w.
Dom zu Siena. (NohL) versetzt, wodurch es nur noch irrationeller
wurde. Ihre Sehnsucht nach etwas An-
derm muss auf das Höchste gestiegen sein schon hundert Jahre
bevor im Norden das Gothische seinen letzten prachtvoll leben-
digen Sprössling, den Decorationsstyl des sinkenden XV. Jahr-
hunderts trieb. Während nun in der italienischen Baukunst das
Gothische sich noch neben der Renaissance behauptete, (ä. 23).
erlosch es in der Decoration sogleich und fast vollständig, als
die ersten Arbeiten des neuen Styls da Waren. (Die sehr
wenigen Ausnahmen in Venedig, s. Cicerone S. 213, "269 und
in Genua S. 197, bestätigen nur die Regel.)
Sogleich wetteiferte man nun mit den kühnsten und präch-
tigsten römischen Motiven; das Weihbecken Quercials im Dom
von Siena (Fig. 125) erreicht mit dem ersten Sprunge einen
Inhalt, der dem reichsten römischen Candelaber parallel steht,
und ist doch völlig unabhängig von einem bestimmten Vorbilde.