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des
Weitere Theorie
Villenbaues.
Im Ganzen wird besonders die Villa suburbana als wesent-
licher Phantasiebau die verschiedensten Formen annehmen. Ihre
Räume haben nur den Zweck, eine angenehme oder hohe Stim-
mung zu erregen; unvermeidlich wird sich sowohl beim Bau-
herrn als beim Architekten neben dem Originellen auch das
Grillenhafte und Extravagante einfinden.
Im VII. Buche des Serlio p. 28 der berüchtigte Plan einer
Villa in Gestalt einer Windmühle; p. 42 das Gestäindniss, man
müsse sich vor dem allgemeinen Brauch durch neue Erfindungen
zu retten suchen; runde, ja sogar ovale Villenhöfe mit Pfeiler-
hallen p. 27, p. 250. (Vgl. 120 die Caprarola). Andere
Thorheiten p. 38 etc. Die Ueberzeugung, dass auf dem Lande
überhaupt Licenzen gestattet seien, die man sich nin luogo civile
e nobileu nicht erlauben würde, p. 16.
Den äussern Anblick charakterisirt vorzüglich im Gegensatz
zur Stadtwohnung die Oeffnung nach aussen in Gestalt von
Hallen, als sichtbarer Ausdruck der Liebe zum Freien, des Ein-
ladenden und Luftigen; zugleich der stärkste Gegensatz zu nor-
dischen Landsitzen.
Serlio VII, p. 46: nAuf dem Lande sind Hallen sehr viel
schöner anzusehen, als (geschlossene) Facaden; es liegt ein star-
kerer Reiz (piü diletto) darin, das Auge in das Dunkel zwischen
den Bogen eindringen zu lassen, als eine Wand zu bewundern,
wo der Blick nicht mehr weiter kannß Den stärksten Eindruck
des Einladenden erreicht die Architektur auch mit einem, ohne
Zweifel von Thermen entlehnten Motiv: der grossen, einwarts
tretenden halbrunden Nische. Bramante allein gebrauchte das-
selbe und zwar nicht an einer Villa, sondern als hintere Schluss-
form seines grossen vaticanischen Hofes und Gartens (Giardino
della Pigna). Aber Pietro da Cortona entlehnte dasselbe mit
voller Absicht anderthalb Jahrhunderte später für die Faqade
seiner Villa Sacchetti, genannt il Pigneto.
Von selbst fällt nun auch die Einheit des Motivs hinweg,
welche an den Stadtpalästen, wenigstens der altern toscanischen
Schule, das höchste Gesetz ist. Selbst die Symmetrie wird bis-
weilen preisgegeben.
Die Villa hat keine eigentliche Hauptfacade, da sie frei zu
stehen censirt ist; an jeder ihrer Seiten oder an irgend einer
derselben wird die Halle entweder die Mitte zwischen zwei vor-
tretenden Flanken einnehmen oder sogar unter Aufhebung der
Symmetrie mit verschiedenen Baukörpern zusammengruppirt sein.
Sehr frühe mussschon der Thurm als Ueberbleibsel des Schloss-