Entstehung
gesetzmässiger
cubischer
Proportionen.
Der Theoretiker Alberti gibt statt des ästhetischen Gesetzes
für den Palastbau nur ein Programm für den Inhalt desselben.
Ausserdem aber stellt er nach eigenen Beobachtungen die ersten
Gesetze für die cubischen Verhältnisse der einzelnen Binnen-
räume auf. Das Gemeingut der Palastanlage, das sich schon
seit dem XIV. Jahrhundert von" selbst verstand, mochte ihm
nicht des Mittheilens werth erscheinen. Er selber baute wenig-
stens Pal. Ruccellai. Vgl. ä. 30, 40.1
Es scheint mehr ein Bauherr als ein Baumeister zu spre-
chen. 2 Er verlangt mancherlei sowohl Zweckmässiges als Schick-
liches, aber er gibt keine Lösung und möchte am liebsten alles
zu ebner Erde bauen, da die Treppen die Gebäude nur störten,
nScalas esse aedificiorum perturbatricesc. Gegenüber der iioren-
tinischen Sitte und Nothwendigkeit des Hochbaues blieben diese
natürlich blosse Wünsche.
Die cubischen Raumgesetze bespricht er nicht bei Anlass
des Palastes, sondern bei der Vorstadtvilla (IX, was für
unsere Betrachtung keinen Unterschied macht. Wenn auch er
und Andere sich thatsächlich kaum daran banden," ja wenn es
sich um ein blosses Postulat oder Gedankenbild handeln sollte,
so wird sich doch hier die Renaissance zum ersten Mal ganz
deutlich bewusst als die Architektur des Raumes und der Massen.
Aus einer Menge von Angaben mögen einige Proben folgen.
Alberti gibt die Proportionen modifizirt, je nachdem die
Räume rund oder quadratisch, flachgedeckt oder gewölbt sind.
Grössere oblonge rechtwinklige Räume erhalten, wenn gewölbt,
fünf Viertel Diam. Höhe. wenn flach gedeckt, sieben Fünftel
Diam, Höhe, beide Male unter Voraussetzung, dass die Breite
zur Länge sei, wie 1 : 2, denn bei 1 : 3 traten wieder andere
Verhältnisse ein. Bei grossen Dimensionen gelten überdiess
andere Proportionen als bei kleinen, weil der Gesichtswinkel
ein anderer ist. Höfe sollen höchstens doppelt so lang als
breit sein. Zimmer am besten ein Drittel schmaler als lang.
Proportionen wie 3 oder 4: 1 geben schon nur noch Hallen (por-
ticus) und auch da werde man das Verhältniss von 6 : 1 kaum
überschreiten dürfen. An die Schmalseite eines Raumes gehört
ferrarese, bei Murat. XXIV, bes. C01. 220, 337, 390 wird durchgängig scharf
unterschieden zwischen laalazzi, palazzotti und case. In Venedig hiess offiziell
Alles mit Ausnahme des Dogenpalastes nur casa, thatsächlich aber nannte
man sehr viele Privatgebäude palazzi; Sansovino, Venezia, fol. 139.
1 Die Hauptstellen: de re aediüc. L. V, c. 2, 3, 18; L. IX, e. 2, 3, 4_
2 Vgl. Cult-ui- der Renaissance S. 135, 140, 398 und Anmerkung.