Kap
VIII.
Das Baumodell.
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VIII.
Kapitel.
Das
Baumodell.
der gothischen Zeit.
Die Modelle
Während im übrigen Europa der Bauriss, oft in kühner
Abwechslung von rein geometrischer und perspectivischer Dar-
stellung genügt. tritt in der italienischen Baukunst das Modell
in den Vordergrund.
Im Alterthum müssen complicirte Anlagen, wie z. B. die
Thermen, wohl schon zu Modellen Anlass gegeben haben. (Die
silbernen Tempelchen der ephesinischen Artemis?) 1 Im Mittel-
alter häufig das flüchtige Modell einer Kirche in der linken Hand
der Statue eines Stifters. Das silberne Modell einer ganzen
Stadt als Votivstück, ohne Zweifel mit deutlicher Angabe der
Hauptgebäude: Parina 1248. 2 Ferrara vor 1441. 3 Modelle be-
deutet freilich oft auch Zeichnung und wir dürfen nur Aussagen
benützen, welche deutlich im andern Sinne gemeint sind. An-
derseits kann disegno auch wohl ein wahres Modell bedeuten,
wie z. B. Milanesi II, p. 272 wdisegno de la cerau, für einen
Prachtaltar.
Der nordisch-gothische Aufriss auf Perga-ment gibt die Ent-
wicklung in die Höhe, "und auch der dazu gehörende Grundriss
zeigt stenographisch zusammengedrängt, wie sich bei wachsender
Höhe die einzelnen Theile vom Kern ablösen werden. Das Mo-
dell der Italiener zeigt cubisch, wie die Räume sich innen und
aussen gestalten, theilen und folgen sollen und welches ihre
grosse plastische Gesaimmterscheinung in Luft und Licht sein
wird. Es ist eine Rechenschaft. die der Künstler nicht sich sel-
ber, sondern dem Bauherrn gibt, um der Phantasie desselben
nachzuhelfen, in einer Zeit, da bei jedem grossen Bau nach dem
Originellen, Abweichenden und selbst Ungeheuren gestrebt wird;
unentbehrlich zumal bei Kuppelbauten und beim Centralbau
überhaupt. In Italien zur gothischen Zeit genügt für einfachere
Kirchen und für Paläste einstweilen die blosse Zeichnung, 4 und
selbst z. B. beim neuen Dom von Siena werden nur Pergament-
1 Vgl. Acta Apost. XIX, V. 24, ss.
3 Diario ferrarese, bei Murat. XXIV,
232, 246.
2 Raumer,
C01. 451.
Hohenstaufen, IV, S. 182.
4 Milanesi I, p. 227, s.,