Kapitel.
III.
und
Die Protorenaissance
das
Gothische.
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Oberitalien schliesst sich dem mitteleuropäischen romanischen Styl
an; Venedig und Unteritalien beharren wesentlich auf dem byzantinischen.
Vereinzelte Nachahmungen antiker Gebäude kommen hie und da vor;
S. Fedele in Como z. B. wäre nicht denkbar ohne S. Lorenzo in Mai-
land (ä. 62).
In Rom und in Toscana dagegen zeigen sich denkwürdige frühe
Versuche zur Wiedererweckung der Bauformen des alten Rom, nur
immer mit derjenigen Selbständigkeit, welche dem modernen italieni-
schen Geiste dann bei seinem Bnndniss mit dem Alterthum stets eigen
geblieben
ist.
Das Wort rinascita 'vielleicht zum erstenmal bei Vasari (III, p. 10)
im Proemio des zweiten Theiles, und zwar in einem chronologisch schwer
zu bestimmenden Sinne und zufällig nur bei Anlass der Sculptur; doch
ist ohne Zweifel die grosse Kunstbewegung seit dem XII. Jahrh. im All-
gemeinen darunter verstanden.
Der Ausdruck ist seither über alle Gebiete des Lebens ausgedehnt
worden, bleibt aber in sich einseitig, weil er nur die eine Hälfte der
Thatsache betont. Die freie Originalität, womit das wiedergewonnene
Alterthum aufgenommen und verarbeitet wird, die Fülle ganz eigenthüm-
liehen modernen Geistes, welche bei der grossen Bewegung sich mit
offenbart, kommen dabei nicht zu ihrem Rechte.
Rom und 'I'0scana bleiben zunächst der altchristlichen flachgedeckten
Säulenkirche, der Basilica, treu; sie vernutzen viel mehr antike Bautheile
oder müssen dieselben, wo sie fehlen, genauer nachbilden. So stirbt be-
sonders die Begeisterung für die Säule nie aus; die Fassaden der toscani-
schen Kirchen bedecken sich mit mehrern Säulenreihen über einander
oder mit deren Nachahmung als Blindgalerien von Halbsäulen. Am Thurm
von Pisa die schönste Verklärung, deren seine cylindrische Form fähig
war: 6 lichte Säulenhallen über einander.
Die römischen Basiliken des XII. Jahrh. nehmen statt des Bogens
wieder das gerade Gebälke an; andere Bauten und kleinere Zier-
arbeiten zeigen eine wahre Renaissance bis ins Einzelnste.
Die Kirchen: S. Maria in Trastevere, S. Crisogonß, das neue Lang"
haus von S. Lorenzo fuori.
An den Bauten der Gosmaten um 1200: den Klosterhöfen beim La-
teran und bei S. Paul und der Vorhalle des Domes von Civita castellana
das Detail theilweise ganz getreu nach dem Alterthunl, anderes stark ab-
weichend. Der Hof von S. Paul der anmuthigste Zusammenhang von
Strenge und Phantastik.