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Zweites Buch.
Decoration.
Eine Comödienscena dieser mehr wirklichkeitsgemässen Art War 1515
die von Baldassar Peruzzi angegebene, als die Stadt Rom die Erhebung
des Giuliano Medici, Bruder Leo's X., zum Feldherrn der Kirche feierte;
man bewunderte daran die reiche und bunte Erfindung der Häuser, Hallen,
Fenster etc., Vasari VIII, p. 224, v. di Peruzzi. Auch die Decoration für
Bibiena's Comödie Calandra, welche vor Leo X. aufgeführt wurde, war
voll von vtäuschende gegebenen Einzelgebäuden, ib. p. 227, s., vgl. 237,
Nota. Wenn eine noch vorhandene Zeichnung Peruzzfs diese Scena
vorstellt, so enthielt der Hintergrund eine Anzahl von Gebäuden des alten
Roms. (Serlio, Ende des lV. Buches, rühmt, dass Peruzzi's Scenen bei
aller Schönheit weniger gekostet hätten, als alles Aehnliche vor ihm und
nach ihm.)
Aehnliche Scenen wird man, wo nichts Besonderes bemerkt wird,
bei Comödien in der Regel und auch wohl bei Tragödien vorauszusetzen
haben. So Vasari VI, p. 135, v. di Indaco; IX, p. 101, v. di Francia
Bigio; ib. p. 219, v. di Granacci; X, p. 82 die zweite im Com-
mentar zu v. di Ant. Sangallo erwähnte Scenenskizze, wo den einzelnen
Häusern die Namen beigeschrieben sind; ih. p. 204, s., v. di Lappoli;
XI, p. 87, s., 99, v. di Genga; ib. p. 203_2l2, v. di Aristotile,
abgesehen von den oben erwähnten Ausnahmen; ib. p. 293, v. di
Ridolfo Ghirlandajo; ib. p. 328, v. di Batt. Franco (obwohl man hier
der gemalten Historien und Statuen wegen auch an einen einheitlichen
idealen Bau denken könnte); XII, p. 56, 66, v. di Salviati.
Die Scena von Palladids Teatro olimpico vereinigt dann Beides: den
symmetrischen Prachtbau und (durch 5 Pforten gesehen) die ansteigenden
Gassen mit verschiedenen und unsymmetrischen Einzelgebäuden (Fig. 221).
Dass Ansichten wirklicher Gebäude, ja ganzer Städte vorkamen, er-
hellt aus den Stellen über Peruzzi; in einer Decoration des Aristotile war
Pisa ganz kenntlich dargestellt. Dass man aber solche Aussagen doch
nicht zu buchstäblich nehmen dürfe, lehrt der Prolog von Ariostds Negro-
mante: die Stadt stelle Cremona dar;
S0 che alcuni diranno eh'ella e simile
E forse ancora ch'ella e 1a medesima
Che fu detta Ferrara, recitandosi
La Lena
(eine andere Comödie des Dichters), aber es sei eben Carneval, wo auch
Gremona in der Maske auftreten dürfe, die einst Ferrara trug.
g. 194.
Künstlerische Absicht der Scena.
Das Höchste, was die Scenenkünstler erstrebten, war indess noch
nirgends die Täuschung in unserm heutigen Sinne , sondern eine fest-