Kapitel.
Decorationen
des
Augenblickes.
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ein Rossebändiger in der Art der quirinalischen; ein vergoldetes Reiter-
bild in der Art des Marc Aurel.
Massenhaft wurde dann modellirt für den Empfang Carls V.; da
musste Rafaello da Montelupo von den kaum vollendeten 14 grossen
Statuen für die Engelsbrücke hinweg eilends dem Kaiser voran nach
Florenz reisen, um dort binnen 5 Tagen 2 Flussgötter zu extemporiren;
ausserdem prangten Montorsolfs Hilaritas und Jason, Tribolds Friedens-
göttin, Hercules und vergoldetes Reiterbild Carls, drei weitere Flussgötter
der beiden letztgenannten Sculptoren, eine Victoria von einem gewissen
Cesare, Prudentia und Justitia von Franc. Sangallo, alles colossal und
mehreres vausserordentlich grossw.
In Siena arbeitete Beccafumi aus Papiermasse über einem eisernen
Gerippe das höchst colossale Reiterbild des Kaisers in antikem Costüm,
über drei Gestalten von besiegten Provinzen dahin sprengend, nächst
Lionardo eins der ersten sprengenden Pferde der modernen Kunst. (Nach
Andern statt der Provinzen drei Flussgötter, aus deren Urnen Wasser
strömte.) Auch Soddoma muss damals an einem Pferd gearbeitet
haben.
Die Reiterstatue, und zwar sprengend, kam später auch bei Cosimo's I.
Hochzeit vor, wo dessen Vater Giovanni dalle Bande nere durch Tribolo
auf diese Weise, und zwar riesengross, dargestellt wurde.
Man überbot sich dann im Golossalen; beim ersten Einzug Alfonsds II.
von Ferrara in Reggio 1558 stand auf der Piazza 46 Palmen hoch der
Gründer der Stadt, M. Lepidus, aus Stucco verfertigt von Clernenti; Lettere
pittoriche I, Append. 39; späterer Colosse, z. B. in VasarYs Beschreibung
der Hochzeit des Prinzen Francesco Medici 1565 nicht zu gedenken.
Zu all diesem gehörte eine Behendigkeit wie die des Montorsoli, der
binnen 24 Stunden eine Fides und eine Caritas in Lebensgrösse modellirte,
als Schmuck eines improvisirten Brunnens, welcher während des General-
capitels des Servitenordens floss; Vasari XII, p. 26, v. di Montorsoli.
Die Künstler kamen bei solchen pressanten Arbeiten in eine Art von
Taumel hinein", und wenn dann mit gutem Wein nachgeholfen wurde,
meldeten sich Ideen, die wenigstens während des Festjubels als das Bril-
lanteste von der Welt galten; Vasari XI, p. 319, v. di Batt. Franco. Und
wenn Einer todmüde auf ein Bündel Laub sank, konnte es ihm begegnen,
auf die schmeichelhafteste Weise geweckt zu werden, wie z. B. dem
Vasari selbst, Lettere pittoriche III, 12.
Beim Volk gelangte man durch solche Arbeiten des Augenblickes zu
einem ungemeinen Ruhm; Armenini, p. 71.