Volltext: Geschichte der Renaissance in Italien (Bd. 1)

380 
Buch  
Zweites 
Decoration. 
Prachtvolle Dolchscheiden, originell aus Figuren und Laubwerk com- 
binirte Degengriffe finden sich hie und da. Die weite Zerstreuung dieser 
Schätze ist ihrer kunstgeschichtlichen Betrachtung nicht günstig. 
Zu den feierlichern Geräthen des vornehmen Lebens gehörten auch 
die meist silbernen Siegel. Zunächst vertauschte Paul II. den barbarisch 
ehrwürdigen Typus des Bullensiegels mit einem schönem, artificiosiori 
sculptura; Vitae Papan, Murat. IlI, ll, Col. 1011. Viel prächtiger Waren 
aber von jeher tausend andere Siegel. Abgesehen von ihrem Gepräge, 
das z. B. bei den mandelförmigen Gardinalssiegeln schon im XV. Jahrh. 
oft sehr reich war und die Heiligen ihrer Titularkirchen, ja Ereignisse 
aus deren Legenden darstellte, war bisweilen der Griff höchst elegant. 
Schon Ghiberti (Commentarii, p. XXXIII) fasste eine antike Gemme als 
Siegel so, dass der goldene Griff einen Drachen in Epheulaub darstellte, 
und auch Benvenuto gestaltete den Griff des Siegels gerne als Thier oder 
Figurine, z. B. am goldenen Siegel des Cardinals Ercole Gonzaga als 
sitzenden Hercules; Benv. Cellini, trattato I, c. 6. 
Vielleicht die bedeutendste vorherrschend decorative Arbeit dieses 
ganzen Styles, die jetzt noch in Italien vorhanden ist: das farnesische 
Kästchen, von Gio. de" Bernardi, im Museum von Neapel; von Metall mit 
Eckfiguren, Reliefs und 6 ovalen Glasschliffen; der Deckel mit der Figu- 
rine eines ruhenden Hercules zwischen den Hälften eines gebrochenen 
Giebels. 
Majoliken 
und 
g. 186. 
andere 
irdene 
Gefässe. 
hat 
zur 
mit 
Die künstlerische Behandlung der Gefässe aus Erde und Glas 
seit dem Aiterthurn nie und nicht wieder so hoch gestanden als 
Zeit der Renaissance. Die erste Stelle nehmen die Majoliken ein 
ihrer Glasur in einer beschränkten Anzahl von Farben. 
Ein echtes POTCQlltID in unserm Sinne, durchscheinend oder auch 
nur von völlig weissem Korn, besass man noch nicht, und die vielen 
Porcellane zumal in den venez. Sammlungen sind als Majoliken zu ver- 
stehen, d. h. als glasirte irdene Geschirre. 
Diese waren schon im Mittelalter oft durch ihre reiche geschwungene 
Form und durch Farben und Gold bis an die Grenze der Kunst vorge- 
rückt; im XV. Jahrh. muss 'ihnen die Vervollkommnung der Glasur durch 
die Werkstatt der Robbiat zu Statten gekommen sein; aber erst im XVI. 
wurde die volle Freiheit des decorativen Modellirens und Flachdecorirens 
darauf angewandt. Diess ist es, was ihren Werth ausmacht, mehr als 
die mühselig aufgemalten Historien, auch wenn bei diesen rafaelische und 
andere berühmte Motive benützt sind.
	        
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