356
Buch.
Zweites
Decoration.
erst konnten auch grosse reich cassettirte Gewölbe mit Leichtigkeit her-
vorgebracht werden.
Die Hauptbedeutung des Stucco war aber, dass er erst das Gewölbe
zu einer freien Prachtform (S. 55) erheben half, dass er den Eintheilungen
Kraft und Leichtigkeit gab und in der Darstellung von Formen jeder Art
mit der Malerei abwechselte und wetteiferte, dann wieder mit ihr gesetzlich
theilte, auch leicht in eigentliche Sculptur überging, und alle denkbaren
Ziermotive auf jeder Stufedes Idealen oder Wirklichen farbig, weiss oder
golden herzauberte.
Rechnet man hinzu, dass gleichzeitig die decorative Malerei bald in
bald ausser Verbindung mit dein Stucco ihr Höchstes leistete, und dass
diese ganze Decoration bald mehr für sich, bald mehr für die wichtigsten
Fresken existirt, welchen sie zur Einfassung dient, dass die grössten
Meister sich ihrer annahmen, und dass jede Schule, jede Stadt das Pro-
blem anders auffasste, so! ergibt sich ein enormer Reichthuin an Motiven,
der das aus dem Alterthum Erhaltene unendlich überbietet. Letzterm
verdankt man aber den entscheidenden Anstoss, ohne welchen diese grosse
Bewegung doch nicht zu denken ist.
Rafael
und
Giovanni
Udine.
Es War entscheidend für den neu aufblühenden Kunstzweig, dass
Rafael sich in hohem Grade an demselben betheiligte, ihn durch eigene
Werke auf die volle Höhe hob und seine wichtigsten Schüler dafür
gewann.
Das erste bedeutende Werk, welches den Einfluss der bGPQttenK zgjgt,
Pinturicchids Gewölbe der Libreria im Dom zu Siena (ä. 172) muss
bereits dem Rafael bekannt gewesen sein, wenn er dem Pinturicchio Com-
positionen zu den dortigen Fresken lieferte.
lnRom, noch nicht unter Julius lI., Wohl aber unter Leo X. beginnt,
offenbar im Zusammenhang mit seinen Alterthumsstudien (ä. 27), seine
grosse decorative Thätigkeit, hauptsächlich mit Hülfe des Giovanni da
Udine, Welcher aus Giorgionefs Schule zu ihm gekommen War, und auch
in Rafaels Gemälden hie und da für die Nebensachen gebraucht wurde.
Vasari XI, p. 300, ss., v. di Udine. Ausser den Titusthermen dienten
auch die damals noch erhaltenen Reste in den Diocletiansthermen und
im Golosseum als Muster. (Facsimile von Udine's Studien nach letztem
in dem Sammelwerke von Basan.)
Loggien des Cortile di S. Damaso im Vatican: im untern Gang die
Gewölbe von Udine, wahrscheinlich bloss nach allgemeiner Anweisung