Kapitel.
VII.
Innern.
Malerei und Stucchirung
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Zum Besten gehören die von Pietro's Schülern gemalten Gewölbe
im Cambio zu Perugia;
und das von ihm selbst herrührende in der Stanza dell' Incendio
(Vatican), welches Rafael als Werk seines Lehrers schonte, obwohl es
sich neben dem grossen und freien Styl seiner eigenen Compositionen
sehr ängstlich ausnimmt.
(In der Camera della Segnatura hat Rafael zwar dieEintheilung und
mehrere kleinere einzelne Darstellungen, von Soddoma, beibehalten, die
Hauptfelder des Gewölbes aber neu gemalt. Da diese vaticanischen Räume,
und zwar ziemlich sorglos und ungenau, mit Kreuzgewölben gedeckt sind,
so können die genannten Decorationen nicht eigentlich als massgebend
für die Renaissance gelten, Fig. 210.)
Pinturiechio (ä. 171) ist in der Anordnung seines Chorgewölbes in
S. M. del Popolo zu Rom ganz besonders herb und steinern, obwohl das
Detail schöne Partien und das Ganze (mit Mariä Krönung und den Kirchen-
vätern, Evangelisten und Sibyllen) eine ernste Wirkung hat.
Die von ihm ausgemalte Capelle in Araceli und die Sacristei von
S. Cecilia (vielleicht von ihm) sind im Gewölbesehmuck Wenigstens be-
achtenswerth.
Einen grossen Fortschritt in der Kenntniss der Farbenwirkung, in
der Freiheit der Eintheilung und in der Fülle und Auswahl der Zierformen
zeigt dann sein Gewölbe (eine volta a specehio, ä. 55) in der Libreria
des Domes zu Siena. Der sehr liberale, nur auf möglichste Schönheit
dringende Abschnitt des mit ihm 1502 geschlossenen Contractes (ä. 174)
bei Vasari V, p. 286, Gomment. zu v. di Pinturicchio und bei Milanesi III, 9.
Schon verräth sich in der Abwechselung der Farbenflächen ein Einfluss
antiker Malereien in der Art der Titusthermen. Malereien in der
Engelsburg sind untergegangen.)
Wiederum auf der herbern Tradition der peruginischen Schule be-
ruhen die Gewölbemalereien Garofalds in zwei Räumen des erzbisßhöfl-
Seminars zu Ferrara (1519); doch gemildert durch eine gewisse Anmuth
des Details und gerechtfertigt durch die Strenge des bloss zweifarbigen
Vortrages in den decorativen Theilen. -Ernst und vortrefflich: die ganze
Gewölbedecoration in S. Benedetto zu Ferrara (ä. 170).
ln der Farnesina zu Rom bewunderte man am Gewölbe der Halle
links schon frühe die völlig täuschende Wirkung des gemalten Stein-
gerüstes; Vasari VIII, p. 223, v, di Peruzzi.
Auch Michelangelo wählte für seine hoehernsten Gewölbemalereien
in der sixtin. Gapelle ein strenges Steingerüste zur Einfassung, allein er
belebte dasselbe durch und durch mit den herrlichsten Füllfiguren jedes
Grades und Vortrags und verschiedener Farbe, abgesehen von den Haupt-
gestalten und Historien.
Burckhardt, Italien. Renaissance. Zweite Auf]. 23